Montag, 3. Oktober 2011

Spielplatz (vorübergehend) geschlossen - Eine Replik

In der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom 25.09.2011 schrieb Nils Minkmar einen Lobgesang auf die deutsche Universität. Das einzige Problem daran: Ihr Schwächen hat er sehr gut erkannt, ihre Stärken jedoch massiv verzerrt dargestellt. Es stimmt zwar, dass die Zahl der Studienanfänger massiv steigt; das hat jedoch weniger mit einer neuen, interessierten und intellektualisierten Jugend zu tun, als mehr mit der Tatsache, dass inzwischen für immer mehr Berufe ein Studium notwendig ist.

Massiv fallen dabei vor allem zwei Studientypen auf. Zum einen sind das die Wirtschaftswissenschaftlerinnen und Wirtschaftswissenschaftler, die trotz des Schwerpunktes auf die Betriebswirtschaftslehre meinen, binnen weniger Jahren seien sie Börsenmillionäre, aber außer ein paar theoretischen Modellen in ihrem Studium nichts gelernt haben – vor allem keinen kritischen Blick auf jene Wirtschaftsmodelle. Zum Anderen ist es die „Irgendwas-mit-Medien“-Generation, die sich gerne in Studiengängen wiederfindet, die irgendwie ein bisschen Soziologie, mit ein bisschen Informatik, ein bisschen BWL und ein bisschen Kulturwissenschaft – im weitesten Sinne – mischen. Auf die deutsche, und nicht nur diese, Publizistik kommt also eine Welle von Nachwuchsschreiberlingen zu, die mal ein bisschen Schreiben gelernt haben, jedoch kein Gebiet, worüber sie schreiben könnten.

Auch der Suaheli-Anekdote des Herrn Minkmar ist etwas entgegenzusetzen; eine Spanisch-Anekdote nämlich. Eine Kommilitonin von mir wurde gerade in diesem Semester aus einem Spanischkurs geworfen. Er war weder überfüllt, nicht einmal voll, noch wollte sie einen Schein erwerben und hätte somit irgendeine Form von bürokratischem Aufwand erzeugt. Sie wollte lediglich ihre spanischen Minimalkenntnisse etwas erneuern. Leider wurde dieser Kurs vom falschen Institut veranstaltet. Nicht einmal von einer Fakultät, welcher sie nicht angehört, lediglich von dem falschen Institut innerhalb der gleichen Fakultät!

Der Abenteuerspielplatz, wie ihn Herr Minkmar an der deutschen Universität gerne sehen möchte, existiert so nicht. Es ist wahr, dass einige wenige sich aus der Schafherde lösen und eine schöne Zeit an der Universität verbringen. Diese jedoch bleiben auch oft da und werden in Zukunft wiederum wenige begeistern können. Die Majorität der Studierenden rennt jedoch blökend von Seminar zu Seminar, Vorlesung zu Vorlesung und Büro zu Büro. Sie ist weder in der Lage kritisch zu denken, noch Inhalte zu hinterfragen, eigenständig Interessen auszubilden oder gar Spaß an wissenschaftlichem Arbeiten zu entwickeln.

Ob der Ansturm auf die Universitäten unter diesen Gesichtspunkten so positiv zu sehen ist, erscheint durchaus fragwürdig. Es erscheint eher, dass die Universität als Abenteuerspielplatz aufgrund des großen Ansturms aus Sicherheitsgründen geschlossen werden muss. Aber direkt gegenüber steht ein kleines Verwaltungsgebäude mit netten grauen Fluren. Man muss nur vorher eine Nummer ziehen.