Neben jenen elenden Reimen von "fire" auf "desire" oder "away" auf "stay" sind Textzeilen, welche irgendwie implizieren, man wolle eine Revolution starten wohl das peinlichste, was die Popindustrie anzubieten hat - vor allem wenn gute situierte Philister dies äußern. Denn was heißt es eigentlich eine Revolution zu starten und inwiefern hat Musik etwas damit zu tun? Natürlich, die Flowerpower Welle war von Musik begleitet, die gewisse "Massenmilitanz" vom Punk und so mancher Musiker ist sogar nebenher Revolutionär, aber wie startet man eine Revolution?
Ein interessantes Beispiel ernstzunehmender revolutionärer Gedanken in der "Popkultur" (ich fasse den Rahmen hier sehr weit) hat zu letzt Tom Morello, ehemaliger Gitarrist von Rage against the machine, geliefert. Sein Projekt 'The Nightwatchman' ist voll von revolutionären Anspielungen und auch seine Videos zeigen seine Affinitäten zur ersten Bürgerpflicht: Politisches Engagement. Natürlich sieht die Reaktion auf politisches Engagament, zumindest sofern Lobbyisten eher unzuträglich, in den USA genau so aus wie in Europa, dennoch, es sind interessante Bilder die verbinden. Das interessanteste an seiner Revolution ist jedoch die musikalische Machart. Waren Rage against the machine schon als politische Band wahrnehmbar, so ist es Herr Morello noch umso mehr, allein deswegen, weil er sich, bis auf wenige Ausnahmen, auf eine Gitarre und seinen Gesang beschränkt.
Die Verbindung ist klar, man ist zurück bei den Protestliedern, bei jenen Männern und Frauen, welche sich mit einer Gitarre unter dem Arm gegen die Übel der Welt stellten. Um als prominentestes Beispiel Bon Dylan heranzuziehen sei folgendes gesagt: Die Revolution liegt immer in der Idee. Wer meinen Blog "Ein Tribut" gelesen hat, weiß worum es geht. Man kann im Rahmen seiner musikalischen Tätigkeit zwar durchaus politisches Gedankengut transportieren, doch es wirkt immer etwas heuchlerisch. Ein Song gegen Faschismus hört jeder klar denkende Mensch gern, doch am ehrlichsten wirkt er auf nur einer Gitarre, einem Instrument, das man bei sich trägt, eben wie seine Stimme, nicht von einer Steckdose abhängig, sondern immer einsatzbereit.
Würde Tom Morello bis zum bitteren Ende durchziehen, was er in seinen Texten beginnt, hätte er sicher eine Gefolgschaft. Auch so hat er eine, aber es ist eine Verlegenheitsrevolution, ein wenig wie die revolutionäre erste Mai Demo in Berlin, welche sich, davon ab im Besitz der besseren Alternative zu sein, noch nicht wirklich ins politische Blickfeld rücken konnte - von negativen Schlagzeilen abgesehen.
Will man also eine Revolution starten, ist man allein. Alles andere ist keine wirkliche Revolution. Sucht man erst einmal eine Gefolgschaft, beginnt man zu differenzieren, zu konkretisieren, verliert man sich im Diskurs und stagniert. Mag eine diskursive Gesellschaft auch das erklärte Ziel sein, so ist es eine Revolution nicht. Loyalität oder Tod. Wenn man sich "in der Sache" einig ist, so kann man, ist die Revolution geglückt, diskursiv die bestehenden Verhältnisse schaffen und - dieses scheinbare Paradoxon ist wichtig - die aktuelle Lebenswirklichkeit nachhaltig verändern. Dies ist auch der Grund, warum eine Revolution immer einen gewalttätigen Moment besitzen muss. Glückt sie, wird er als politisch notwendig empfunden (französische Revolution), glückt sie nicht, wird er als stupide betrachtet (RAF). [Die erwähnten revolutionären Bewegungen sollen hiermit beide, ausdrücklich letzte, nicht vorbehaltlos glorifiziert und auch nicht nur als gerechtfertigt werden, es soll nur zum Nachdenken angeregt sein].
Will man, also das Individuum, eine kleine Gruppe von Interessenten etc., also zur Revolution aufrufen sollte eines von vorneherein klar sein: Revolution ist in der Sache die Opposition zum Krieg, in ihrem Verlauf jedoch leider äquivalent. Entscheiden tun am Ende die Sieger und es fließt Blut. Man überlege sich also, ob man Revolutionär bzw. Revolutionärin sein möchte oder doch nur Reformer bzw. Reformerin.
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen