Sonntag, 4. April 2010

Von der Regierungsbank in die APO - Ein verträumter Ausblick

Es dauert wahrlich nicht mehr lange, dann wird in Deutschlands "wichtigstem" Bundesland gewählt. Die Frage, wie diese Wahl ausgehen wird, beschäftigt auch die Bundesvorstände der Parteien mehr als es andere Landtagswahlen täten. Immerhin geht es um eine Bundesratsmehrheit - aber auch um eine ideologische Frage.

Eine rot-rot-grüne Koalition in NRW würde das erste echte Linksbündnis Deutschlands bedeuten. Ist der nordrhein-westfälische Landesverband auch, mit negativen Konnotationen, als Haufen von Sektiereren und Fundis verschrien, so ist er doch wahrscheinlich als einziger nicht primär linkspopulitisch, sondern kommunistisch und sozialistisch geprägt, während die Freien Demokraten in NRW sich, vor allem auch in Person von Prof. Dr. Andreas Pinkwart, als neoliberaler und antisozialer Landesverband beweisen. CDU und SPD sind im bevölkerungsreichsten Bundesland weitesgehend auf einer Ebene, die Grünen dürften interessant werden. Die Frage bleibt nun also, welche Koalitionsmöglichkeiten gibt es, welche wären wünschenswert und welche wahrscheinlich.

1. Schwarz/Gelb: Eine Fortführung der bestehenden Koalition ist NRWs worst-case scenario. Die zunehmende Durchsetzungsfähigkeit Pinkwarts in der Bundespolitik schlägt jetzt schon unschöne Blüten. So ist das Stipendienprogramm, welches die FDP in NRW durchgesetzt hat, eine durchsichtige Strategie zur Umverteilung von unten nach oben. Eine weitere Fortsetzung, welche auch die sukzessive Fortsetzung der Kürzung von Kulturbudgets bedeuten würde, führte ganz NRW in ein riesiges Metropolis.

2. Schwarz/Grün: Das heimliche Turteln und tauschen von Zettelchen von Grünen und CDU sind auch in NRW bekannt. Die Grünen wollen Bildungsgebühren abschaffen, die CDU will das nicht. In anderen Bundesländern zeigt sich jedoch, dass die CDU bzgl. Bildungspolitik gerne das Zepter abgibt. Auch die maroden Straßen in NRW könnten es der CDU ermöglichen weiträumige Tempolimits mit zu tragen. Mitten in einem Industrieballraum dürfte es jedoch zu unüberwindlichen Divergenzen in der Wirtschaftspolitik kommen.

3. Rot/Grün: Das Gegenstück zu schwarz/gelb ist sicher ein praktikabeles Mittel. Die Grünen könnten die SPD in sichere Bahnen leiten und dort halten. Andererseits dürfte der Grüne Landesverband in NRW zu stolz sein, um sich als kleinen Koalitionsbruder abstempeln zu lassen.

4. Schwarz/Rot: Die große Koalition bedeute Stillstand heißt es allenthalben. Diese Koalition wäre sicher auch primär auf Bundesebene nützlich. Die SPD könnte den starken Landesverband der Christdemokraten auf Bundesebene etwas bremsen und so positiv auf die Bundespolitik einwirken. Für NRW jedoch brächte die Koalition wenig und würde sicherlich nachhaltig dem Ansehen der SPD schaden.

5. Rot/Rot/Grün: Die Linken in NRW auf der Regierungsbank wären ein interessantes Novum. Doch wird der Landesverband zu zerstritten sein, um wirklich konstruktive Arbeit zu leisten. Andererseits würde sich die (radikale) Linke sicherlich als Kommunikationsstimulator bemerkbar machen und bundesweit einen Diskurs über längst überfällige Reformen anstossen können.

Ob das Parlament ab Mai nun aus drei, vier oder fünf Parteien bestehen wird bleibt ab zu warten. Mich persönlich freute es natürlich, wählte man die FDP aus dem Parlament, neuste Umfragen machen diesbezüglich leider wenig Hoffnung. Was auch passieren möge, eine wirklich Traumkoalition gibt es nicht. Vielleicht wären 60% ungültige Stimmzettel mal ein Zeichen.
Achja, und eine Wahlbeteiligung von über 60% wäre wünschenswert...