Freitag, 8. Juli 2011

Von Demokratieexporteueren und Kriegstreibern

Ich möchte an dieser Stelle mit einer kleinen Geschichte, einer Allegorie beginnen:

In einem kleinen Land gibt es einen König. Diesem Land geht es, aus verschiedenen Gründen, sehr gut. Oder anders: In diesem Land geht es Einigen sehr gut, Anderen gut und wiederum Anderen nicht so gut, hungern muss keiner. Nun, da das Volk aber satt ist, stellt es Fragen nach emanzipatorischen Schritten. Es fragt sich zum Beispiel die Bauernschaft, warum denn nur der Adel eine höhere Bildung erreichen darf, auch wenn der Bauer doch auch seinen Sohn auf eine höhere Schule schicken könnte. Der König, der von diesen Gedanken natürlich erfährt, ruft den Adel des Landes zusammen und sie beraten, wie sie ihre Privilegien sichern können. Es gibt verschiedene Vorschläge, die aber alle als unzureichend abgelehnt werden. Plötzlich ruft Garf Christian Demoesticus von Uhlsen, man müsse sich unverzichtbar machen für das Volk; der Baron Friedrich Düppelscheidt zu Patringen stimmt dem zu und merkt noch an, man müsse einen Feind schaffen. Aber es gibt keine Feinde gegen dieses Land, und so sucht man und sucht und findet endlich einen Staat, einen renommierten Staat, der über Geld, aber nicht über Technologien verfügt und von dem man weiß, dass seine Eliten mit Gruppen sympathisieren, die diesem Staat gefährlich werden könnten. Das kleine Land rüstet also diesen Staat auf und sieht sich bald bedroht. Es erhöht die Präsenz von Sicherheitskräften und bleibt unangetastet, so war es auch ausgemacht. Die Eliten des Landes jedoch sagen, dass es nur so sei, weil sie da wären, und weil sie schon so lange da wären. Die Menschen, in Angst um ihr Leben, glauben diesen Eliten und geben ihre emanzipatorischen Pläne auf.

Ungefähr so funktioniert die deutsche Politik und dies seit dem Ende des kalten Krieges unter der Regierung Merkel so stark, wie nie zuvor. Wer nur ein wenig in die Historie von Krieg, Frieden und Terrorismus schaut, der findet eine erstaunliche Wechselseitigkeit von Beziehungen. Die Feinde der freien Welt kämpfen zumeist mit Waffen dieser Welt. Die Taliban wurden aufgebaut als Bollwerk gegen den Kommunismus; Saudi-Arabien ist der Hauptunterstützer und das Gründungsland Al-Quiadas. Die führenden Köpfe der Organisation wurden in den USA, in Deutschland und in anderen EU-Staaten ausgebildet. Nun will die deutsche Regierung 200 Leopard Panzer an Saudi-Arabien verkaufen. Vielleicht. Oder auch nicht? Der Sicherheitsrat tagt geheim, aber seit Tagen verteidigen die Koalitionäre eine Entscheidung, die doch irgendwie nie getroffen wurde.

Christian Stroebele merkte in der Bundestagsdebatte zum Thema an, dass der Sicherheitsrat ein Ausschuss des Kanzleramtes ist und die Kanzlerin die Sicherheitsstufe senken könnte. Warum geschieht das nicht? Und warum wurde Saudi-Arabien plötzlich zum geeigneten Partner für Waffenlieferungen.

Oft wird von rechten Politikern die Zustimmung Israels genannt. Doch warum stimmt Israel dem plötzlich zu? Erstaunlicher Weise begründet Israel diesen Umschwung mit dem Wandel in der Region, d. h., der Demokratisierung der arabischen Welt. Auch Israels Politik begründet sich primär auf dem Prinzip Angst. Anders ist es kaum zu erklären, dass eine reaktionäre Partei, wie die Likud-Partei, einen solchen Zuspruch findet. Es sei an dieser Stelle angemerkt, dass Avigdor Liebermann das zionistische Recht über die allgemeine Erklärung der Menschenrechte stellt und damit argumentativ auf einer Ebene mit Islamisten und christlichen Fundamentalisten steht.

Auch sollten wir nicht vergessen, dass Saudi-Arabien die Demokratiebewegung in Bahrein niedergeschossen hat. Des Weiteren muss auch betrachtet werden, dass der Streit zwischen Saudi-Arabien – einem der autoritärsten Staaten der Welt – und Iran vor allem ein innerislamischer ist. Es geht hier primär um die Differenzen von Sunniten und Schiiten.

Deutschland hat durch die Arabellion massive Probleme. Moralischer, demokratietheoretischer und vor allem wirtschaftlicher Natur. Wir haben durch die arabischen Despotien so gut verdient wie jeder andere westliche Staat. Vor allem die CDU weiß, wie profitfeindlich Demokratien sein können. Wenn plötzlich Grundrechte mitbedacht werden müssen, kann das die Gewinnspanne schon einmal schmälern. Außerdem kann Despotien mehr abgeknüpft werden. Aus dem letzten Waffengeschäft mit Saudi-Arabien zog die CDU selbst massive finanzielle Vorteile. Es war damals die Schreiberaffäre, die noch immer nicht abgeschlossen ist und deren Repräsentanten heute sogar wieder auf Ministerstühlen sitzen.

Ein weiteres Waffengeschäft mit Saudi-Arabien, vor allem zu diesem Zeitpunkt, wäre ein Schlag ins Gesicht der jungen Demokratiebewegungen. Auch wäre es ein Affront gegen die Werte, denen sich die Bundesrepublik angeblich verpflichtet fühlt. Sollte dieser Vertrag zu Stande kommen und der internationale Gerichtshof nicht eingreifen, so dürfen sich auch jene afrikanischen Regierungschef endgültig bestätigt fühlen, die schon länger die Asymmetrie in Sachen Strafverfolgung zwischen Europa und Afrika sahen.

Zu Bedenken gilt auch Folgendes: Der Terrorismus, von dem wir uns bedroht fühlen – wie berechtigt auch immer – wäre ohne westliche Waffenlieferungen nicht möglich. Neben einem Profit ökonomischer Natur, entsteht auch noch ein machtpolitischer: Ein Volk in Angst lässt sich besser regieren.

Achja, natürlich muss auch klar sein, dass dies kein Erstfall ist. Jede Regierung in der BRD hat eklatante Abwägungsprobleme zwischen Menschenrechten und Profiten aus Rüstungsgeschäften gehabt.

Samstag, 2. Juli 2011

Was Wissenschaft kann, muss und soll

Mögen sie nun Chatzimarkakis, Koch-Mehrin oder zu Guttenberg heißen. Was uns führende Politiker dieses Landes dieser Tage vorgeführt haben, ist ein Schmierentheater sondergleichen. Frau Dr. Angela Merkel (den Titel greifen wir mal nicht an) verkündete einst die Bildungsrepublik Deutschland. Die ProfessorInnenschaft war amüsiert; echauffieren tut man sich dort kaum noch, wenn die Ankündigungen und Umsetzungen der Politik in verschiedene Richtungen gehen. Was jedoch die Fälle von Plagiaten und vor allem den Umgang damit angeht, so ist Entrüstung angesagt.

Das Kontra zum Merkelschen Republikausruf ist ihr Umgang mit der Causa zu Guttenberg. Sie habe keine wissenschaftlichen Mitarbeiter, sondern einen Minister bestellt. Noch einen drauf legte später die Bildungsministerin Dr. Annette Schavan – allgemein bekannt für ihre Feindseligkeit gegenüber der Realität. Sie wies darauf hin, dass die Universitäten doch aufmerksamer sein sollten; dass nicht so viele Studierende promoviert werden sollten. Nun haben wir aber ein System in Deutschland, welches von Frau Schavan gefördert wird, welches den Universitäten Geld für Absolventen bringt. Je höher der Abschluss, desto höher die Summe. Die ökonomischen und die epistemologischen Interessen der Hochschulen im Lande müssen also gegeneinander abgewogen werden.

Es stellt sich die Frage, wie verwerflich es ist, Studierende zu promovieren, die keine wissenschaftliche Laufbahn anstreben. Sollte Frau Koch-Mehrin der Universität Heidelberg ein paar tausend Euro eingebracht haben, ebenso Herr Chatzimarkakis der Universität Bonn, so muss man sich fragen, ob ihren Doktorvätern wirklich ein Vorwurf zu machen ist und vor allem, wie in Zukunft in solchen Fällen diese Praxis zu beurteilen ist.

Die Haltung der rechtskonservativen Regierung zu diesem Thema ist schizophren. Frau Schavan sagte einst, wer nicht forschen wolle, der brauche auch keinen Master und versuchte damit den fehlgeschlagenen Bolognaprozess zu legitimieren. Schaut man jedoch in die Reihen der CDU/CSU Fraktionen, so findet man viele promovierte Mitglieder des Bundestages (MdB), auch wenn die Meisten davon Juristen sind.

Bei der Betrachtung dieser Aspekte sollte darauf geachtet werden, worauf sie wiederum rekurrieren. Vor allem in der bürgerlichen Konservativen gilt der wissenschaftliche Abschluss als Statussymbol. Weniger gefragt ist hingegen die wirklich kritische Reflektion und der Drang nach Wissen. Der Ausfall von Ersterem zeigt sich auch vor allem in dem Gebaren der Konservativen. So setzt man einen Vermittler und Verwalter von Schwarzgeld, Dr. (schon wieder einer) Wolfgang Schäuble, auch gerne einmal auf den Posten des Finanzministers. Warum Kinderschänder keine Kindergärtner werden dürfen, bleibt in diesem Kontext fragwürdig.

Für die Wissenschaft ist jedoch ihre Freiheit wichtig. Die Freiheit von ökonomischen und ideologischen Zwängen, die Freiheit von dem Zwang zur Verwertbarkeit. Was die Bundesrepublik braucht, ist ein festgeschriebener Satz an Investitionen in das Bildungssystem. Das betrifft nicht nur Hochschulen, sondern auch Fachhochschulen und weitere Schulen. Was Studierenden vermittelt werden muss ist der Spaß am Erwerb und an der Weitergabe von Wissen. Allein das Schulsystem würde deutlich besser funktionieren, wenn sich LehrerInnen als WissenschaftlerInnen verstünden, die den Drang nach Wissen an ihre Schülerschaft weiterleiten.

Solange dies jedoch nicht möglich ist, werden die aktuellen Praktiken in der Promotion und auch in der wissenschaftlichen Publikation weiterhin fortgesetzt werden. Dies ist niemandem dienlich, außer jenen, die sich wünschen, dass es nur eine kleine Elite gibt.

Achja, auch Studierende sollten sich generell überlegen, ob sie studieren, oder sich ausbilden lassen wollen.