Sonntag, 31. Januar 2010

Offener Brief an Annette Schavan

Sehr geehrte Frau Dr. Schavan,

bzgl. der starken Repression Seitens der Polizei bitte ich um Rückmeldung von ihrer Seite. Es drängt sich nach dem dystopischen Bildern des gestrigen Samstages, des 30.01.2010, die Frage auf, ob dies nun die neue Linie der "Bildungsrepublik" Deutschland ist, mit kritischen JungakademikerInnen um zu gehen. Ist es ihr politischer Wille, wie es in einem dikatorischen System üblich ist, Kritik mit kleinen, öfentlichen Handreichungen zu besänftigen und weiterführende Proteste gemütlich gewaltsam nieder zu schlagen oder ist in diesem Falle von einer weiteren schlecht organisierten Polizeiaktion bzw. eines politischen Alleingangs der Landesregierung ihres Parteifreundes Roland Koch zu rechnen?
Bezüglich meiner Fragen bitte ich um baldige Stellungnahme, damit die Positionierung der Bundesregierung zur gezielten Kriminalisierung von demokratischen Prozessen bekannt ist.
Sollten Sie, wie es zu erwarten ist, ausweichende Anworten geben, bitte ich Sie ihren Mitarbeiterstab damit zu beauftragen, zu eruieren, woher der politische Wille zur Antidemokratisierung in diesem Staat kommt. Von mehreren Einzelfällen zufälliger Einzelentscheidungen zur gezielten Diffarmierung der Proteste durch die Exekutive ist leider inzwischen nicht mehr aus zu gehen.

Freundlichst verbleibend,

Daniel Lucas
AStA-Referent für Hochschulpolitik

Das Schreiben wurde der Bundesministerin für Bildung auch über die, auf ihrer Homepage angegebene, E-Mail Adresse (annette.schavan@bundestag.de) übermittelt. Die Antwort, sofern sie eintrifft, wird hier ebenfalls publiziert werden.

Donnerstag, 28. Januar 2010

Das Problem der Partizipation

Ein erster Versuch mit audio-visuellen Mitteln zu arbeiten, damit ich trotz Faulheit regelmäßiger einmal etwas veröffentliche, viel Spaß:



Das Video gibt es natürlich auch auf YouTube!

Montag, 25. Januar 2010

Deutschland und sein "Rechts-"staat

Eigentlich kann man nichts anderes tun als langsam aus dem off zu applaudieren. Ein langsamer und anklagender Applaus für die Dresdner Staatsanwaltschaft. Nachdem bereits viele Plakate und Flyer beschlagnahmt wurde musste nun auch die Homepage des Bündnisses "Dresden-Nazifrei" auf einen internationalen Server umsteigen. Antifaschismus in Deutschland funktioniert nun also nur noch über das Ausland. Wie weit sind denn nun eigentlich noch die Tage, an denen wir alle ins Exil auswandern müssen?

Doch kurz zur Historie. Zum größten Event im faschistischen Kalender haben sich Alt- und Jungnazis einmal wieder was feines ausgedacht. Die größte Demo seit 1945. Bereits im letzten Jahr waren es 6000 FaschistInnen und NationalistInnen, welche nach Dresden kamen. Für dieses Jahr sind noch mehr Mitglieder der rechten Szene zu erwarten. Die Gegenbewegung "Dresden Nazifrei" wollte etwas dagegen unternehmen. Unterstützt von den demokratischen Partein des Bundestages, deren Jungendorganisationen, Gewerkschaften, antifaschistischen Organisationen und vielen Privatpersonen - zusammen über 1000 Personen und Organisationen - riefen sie zur Blockade auf. Eigentlich ist das Recht auf Blockade auch durch das Versammlunsgesetz abgedeckt. Eigentlich. Nachdem die sächsische Landesregierung bereits im Vorfeld versuchte das Aufeinandertreffen in Dresden durch ein Gesetz zu stoppen (blöd nur, wenn man die eigene Landesverfassung nicht kennt) zeigt man nun sein wahres Gesicht. Nicht die Nazis will man stoppen, sondern deren Gegner.

Der wichtigste Aspekt der Kampagne ist jedoch der psychologische Effekt. Durch das Verhalten der Staatsanwaltschaft wird die Lage in Dresden aggressiver sein, als sie es sein müsste. PolizistInnen, zumeist bzgl. der Rechtslage leider vollkommen unwissend, werden mit überzogener Härte gegen BlockiererInnen vorgehen, welche durch ihre präkriminalisierung bereits ein gewisses Wutpotential mitbringen werden. Man könnte dies quasi geplante Unruhen von Seiten des Staates betrachten.

Doch gerade aus diesem Grund ist es wichtig mit möglichst viele Ruhe nach Dresden anzureisen, den Provokationen der Polizei mit stoischer Ruhe entgegen zu treten und sein möglichstes zu tun um die braune Brut nicht in die Dresdner Innenstadt zu lassen. Ich hoffe, ihr erscheint zahlreich in Dresden. Eigentlich sollte dieser Aufruf mit mehr Historie erst Anfang März erscheinen. Doch die Situation gebietet eine sofortige Stellungnahme.
Achja, ihr könnt dies auch gerne als Selbstanzeige sehen.

Montag, 11. Januar 2010

GdP vs. Realität

Aus aktuellem Anlass muss ich das Problem der Polizeigewalt in diesem Staate doch einmal wieder ans Tageslicht zerren. Ich hatte es bereits mehrfach erwähnt, möchte dem ganzen Problem jedoch nun einen eigenen Beitrag widmen. Die Frage von Kadertreue und grober Verfehlungen der deutschen Polizei wurde nun nach der Neueröffnung des Verfahrens um Oury Jalloh auch in der deutschen Presse wieder aufgenommen. Hoffentlich wird diese Diskussion sich durch den Prozess ziehen. Die Nachricht, dass Mouctar Bah, welcher den Prozess gegen die verantwortlichen Polizisten angestrengt, immer wieder von der Polizei belästigt und schikaniert wurde, passt da nur zu gut ins Bild.

Gerne verweist man an dieser Stelle auf ein lokales Problem. Im Raum von Dessau gibt es eben viele Rassisten, zwangsweise sind eben auch viele Polizisten Rassisten. Einleuchtend, aber traurig. Erschreckend jedoch ist eigentlich der Verlauf des Prozesses. Beamte widersprechen sich, widerrufen Aussagen und das Gericht spricht den Verantwortlichen frei. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) verwies dieser Tage erneut darauf, dass es bei der Polizei keine Kadertreue gebe. Erstaunlicherweise gab es in den Jahren 2005-2008 in Hamburg bei ca. 400 Anzeigen wegen Polizeigewalt (Über 1000 Anzeigen im Jahr gegen PolizistInnen insgesamt) zu keiner einzigen Anzeige. Eine erstaunliche Bilanz.

In Berlin gab es im Jahr 2008 über 1300 Anklagen gegen PolizistInnen. Nur 4 kamen zur Anklage. Beide Städte gelten als Ausnahmeregionen. Der Prenzlauer Berg in Berlin und das Schanzenviertel in Hamburg sind Opfer gezielter Gentrifizierung. Über den - stellenweise gewaltbereiten - Widerstand der Anwohner erfährt man viel, über die Reaktion der Polizei nichts.

Man muss sich nur einmal die Mühe machen, ein wenig YouTube zu durchsuchen oder sich mit Menschen unterhalten, welche sich nicht für Dinge wie soziale Gerechtigkeit oder Antifaschismus einsetzen. Da sind die Klischees über linksradikale Steineschmeißer direkt präsent und die Kennzeichnungspflicht für Angehörige der Exekutive wird abgelehnt. Interessant ist es immer, wenn diese Menschen dann mit der Realität in Konflikt geraten. Vielleicht sollten wir in Deutschland ein Minderheitenschutzgesetz für aktive Demokraten einführen.

Doch belassen wir die Sache bei dieser Feststellung. Denn die Ohnmacht des Bürgers endet nicht bei der Polizei. Mag unser Grundgesetz auch anderes besagen: Das Prinzip der Gewaltenteilung existiert in Deutschland nicht. Der Fall Jalloh lässt dies durchblicken und auch Erfahrungen aus dem näheren Bekanntenkreis belegen dies. So wurde erst kürzlich ein Kommilitone wegen der Aussage einer Polizistin und gegen die Aussage zweier Zeugen wegen Körperverletzung verurteilt, obwohl auch ein ärztliches Gutachten keine körperlichen Schäden am Körper des Beamten feststellen konnten. Während im Übrigen die Kollegin des Klägers aussagte, der Beklagte habe diesen offen angegriffen, besagen die beiden Zeugenaussagen, dass sich niemand der Verhaftung, in deren Umfeld der vermeintliche Übergriff stattgefunden haben soll, genähert habe. Die Person, welche an dieser Stelle verhaftet wurde, ist übrigens in erster Instanz freigesprochen worden, gab sich jedoch in zweiter Instanz unserem Rechtsstaat gegenüber geschlagen, nachdem die Richterin bereits vor Beginn der Verhandlung verkündete, dass es sich um ein Ermessensurteil handele, und sie den Angeklagten für Schuldig bekennen würde. Als Grandé Finalé gab es dann noch Lob für den prügelnden Beamten.
Achja, dass im Rahmen des Bildungsstreiks in diesem Herbst, neben dem Gewaltgipfel in Stuttgart, bei welchem berittene Vertreter der Exekutive gezielt in eine Menschenmenge ritten, viele DemonstrantInnen durch den Einsatz von Knüppeln und Pfefferspray stellenweise schwer verletzt wurden, haben die Medien nicht berichtet. Man mag ja böses Denken, aber vor allem der Fall Daniel Amon ist sehr interessant. Nie gehört? Woran mag das liegen?

Donnerstag, 7. Januar 2010

Die hässliche Fratze der FDP

Zugegeben, ein wenig amüsant kann Herr Westerwelle ja durchaus sein. Seine Zurechtweisung des Erika Steinbach Fanclubs auf dem Drei-Königstreffen der FDP und deren Verbannung in die rechte Ecke kann man als humoristisch durchaus gelungen bezeichnen. Alles andere was von Seiten der FDP auf ihrem Neujahrstreffen zu hören war ist jedoch an Dreistigkeit kaum zu überbieten. Da fällt einem nur eines ein: Ich kann garnicht so viel essen, wie ich kotzen möchte.

Es wird also, so FDP Chefideologe Westerwelle, Zeit endlich die zu entlasten, die den Karren ziehen. Da möchte man doch jubeln, da möchte man doch zustimmen - da muss man stutzen. Westerwelle als neuer Arbeiterführer? Westerwelle an der Seite Jürgen Rüttgers. Proletarier aller Länder vereinigt Euch unter schwarz-gelb? Wohl kaum. Darüber wer den Karren zieht bzw. die Gesellschaft trägt kann man nämlich äußerst gut diskutieren und wird zu kontroversen Ergebnissen kommen. Man stelle sich, wie schon einige vorschlugen, mal vor die Müllabfuhr setzte aus, das Pflegepersonal, der öffentliche Nahverkehr streikte und, so ungern ich es sage, die Polizei ginge einfach mal in Urlaub. Auf der anderen Seite stelle man sich einmal vor diverse Bankmanager stellten einfach ihr Treiben ein. Die Auswirkungen auf die Gesellschaft wären wohl äußerst divergent.

Erstaunlicherweise ist es nun aber so, dass die Erstgenannten garnicht von den Reformen, vor allem nicht von den angestrebten Vorhaben der FDP, profitieren. Wer als endlich die Entlasten will, welche den Karren ziehen, dann muss man konträr zu den Vorhaben der FDP stehen.

Das zweite große "Aua" des FDP Treffens ist der Staatsbegriff der FDP. Die so genannten Liberalen stellen den Staat nun einmal gerne in Opposition zum Bürger. Aber ist der Staat nicht das Organ der Bürger? Und ist ein Bürger nicht Bürger durch seine Angehörigkeit zu einem Staat? Nimmt man gängige Staatstheorien, ich denke sogar ein Herr Nozick würde da zustimmen, so gehören Bürger und Staat zwangsweise zusammen. Eine kleine Nachhilfestunde in Sachen Staat wäre den Mitgliedern, und vor allem Führungskräften, der Freien Liberalen also empfohlen.

Es ist wahrscheinlich, dass sich die FDP langsam, aber stetig, als kleiner Quälgeist unter der Führung eines Größenwahnsinnigen im gesellschaftlichen Bild verankert. Die Frage ist primär nur, wie lange es noch dauert, bis sich dieses Bild endgültig durchsetzt. Man kann nur hoffen, dass es vor der nächsten Bundestagswahl geschieht. Ansonsten harren wir der Dinge die da kommen.
Achja, entgegen aller Vermutungen steht die Krise der Realwirtschaft, resultierend aus der Krise der Finanzwirtschaft, noch bevor. Herr Westerwelle möge dann bitte erklären, warum diejenigen, die seiner Meinung den Karren ziehen, ihre freiwilligen Steuergeschenke nicht in großem Maße an jene geben, die sie dann bedürfen. Oder muss man doch ein asoziales Arschloch sein um "liberal" zu sein?

Samstag, 2. Januar 2010

Vorausblick in das Jahr 2010

Während alle Welt sich in Retrospektiven ergibt - hier zeigt sich übrigens, wie sinnvoll es ist den Fernseher abzuschaffen, man wird einfach von Jahresrückblicken der sinnlosen Art verschont - versuche ich mich einmal, wenn auch nicht gerade alleinstehend, mit einer kleinen Vorausschau in dieses neue Jahrzehnt - sofern dieses im Jahr 10 beginnt...aber lassen wir das.

Was das Jahr 2010 so bringen wird lässt sich schwer voraussagen. Wahrscheinlich wird wieder einmal nichts passieren. Wir werden vor uns hindösen und ein schwarz-gelbes Steuergesetz nach dem Anderen begrüßen (und wieder verdrängen), wir werden darüber nörgeln, dass letztes Jahr irgendwie doch alles besser war und natürlich werden wir nichts tun. Vielleicht, aber nur vielleicht, tut sich dieses Jahr auch etwas.

Vielleicht schaffen es CDU und FDP ihre Unterstützung von sozialen Missständen so weit zu treiben, dass es doch jemanden stört. Vielleicht gibt es im Iran eine endgültige Eskalation und einen Systemsturz, vielleicht brennen in Athen weniger Wälder, aber mehr Häuser, vielleicht lassen sich AktivistInnen in Berlin und Hamburg davon inspirieren, vielleicht wird Deutschland Fußball Weltmeister und vielleicht, aber nur ganz vielleicht, gibt es auch in Deutschland Bewegung - wenn wir eben doch nicht Weltmeister werden, denn dann wäre ja alles wieder gut.

Vielleicht kriegen wir auch noch eine neue Islamdiskussion. Wie Hagen Rether feststellte diskutiert man ja inzwischen über den Islam, nicht über den Islamismus. Oder wir ersticken unsere Freiheit schlussendlich doch mit unserer Angst. Wenn jetzt schon Sprengstoff in Unterwäsche transporiert wird ist man nicht einmal beim Dessouskauf mit der Liebsten sicher.

Vielleicht setzt sich Slojterdijks Idee der Sozialkleptomanie durch und ich werde zum geläuterten Marktradikalisten - oder gewöhne mir gar das Rauchen ab.

Nun, genug davon. Das spannendste am Jahr 2010 wird wahrscheinlich zu beobachten, wo wieder nichts getan wird, obwohl etwas getan werden müsste. In diesem Sinne: Frohes Neues.
Achja, demonstriert wird natürlich trotzdem. Am 30.01.2010 geht es sogar direkt in Frankfurt los!