Montag, 11. Januar 2010

GdP vs. Realität

Aus aktuellem Anlass muss ich das Problem der Polizeigewalt in diesem Staate doch einmal wieder ans Tageslicht zerren. Ich hatte es bereits mehrfach erwähnt, möchte dem ganzen Problem jedoch nun einen eigenen Beitrag widmen. Die Frage von Kadertreue und grober Verfehlungen der deutschen Polizei wurde nun nach der Neueröffnung des Verfahrens um Oury Jalloh auch in der deutschen Presse wieder aufgenommen. Hoffentlich wird diese Diskussion sich durch den Prozess ziehen. Die Nachricht, dass Mouctar Bah, welcher den Prozess gegen die verantwortlichen Polizisten angestrengt, immer wieder von der Polizei belästigt und schikaniert wurde, passt da nur zu gut ins Bild.

Gerne verweist man an dieser Stelle auf ein lokales Problem. Im Raum von Dessau gibt es eben viele Rassisten, zwangsweise sind eben auch viele Polizisten Rassisten. Einleuchtend, aber traurig. Erschreckend jedoch ist eigentlich der Verlauf des Prozesses. Beamte widersprechen sich, widerrufen Aussagen und das Gericht spricht den Verantwortlichen frei. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) verwies dieser Tage erneut darauf, dass es bei der Polizei keine Kadertreue gebe. Erstaunlicherweise gab es in den Jahren 2005-2008 in Hamburg bei ca. 400 Anzeigen wegen Polizeigewalt (Über 1000 Anzeigen im Jahr gegen PolizistInnen insgesamt) zu keiner einzigen Anzeige. Eine erstaunliche Bilanz.

In Berlin gab es im Jahr 2008 über 1300 Anklagen gegen PolizistInnen. Nur 4 kamen zur Anklage. Beide Städte gelten als Ausnahmeregionen. Der Prenzlauer Berg in Berlin und das Schanzenviertel in Hamburg sind Opfer gezielter Gentrifizierung. Über den - stellenweise gewaltbereiten - Widerstand der Anwohner erfährt man viel, über die Reaktion der Polizei nichts.

Man muss sich nur einmal die Mühe machen, ein wenig YouTube zu durchsuchen oder sich mit Menschen unterhalten, welche sich nicht für Dinge wie soziale Gerechtigkeit oder Antifaschismus einsetzen. Da sind die Klischees über linksradikale Steineschmeißer direkt präsent und die Kennzeichnungspflicht für Angehörige der Exekutive wird abgelehnt. Interessant ist es immer, wenn diese Menschen dann mit der Realität in Konflikt geraten. Vielleicht sollten wir in Deutschland ein Minderheitenschutzgesetz für aktive Demokraten einführen.

Doch belassen wir die Sache bei dieser Feststellung. Denn die Ohnmacht des Bürgers endet nicht bei der Polizei. Mag unser Grundgesetz auch anderes besagen: Das Prinzip der Gewaltenteilung existiert in Deutschland nicht. Der Fall Jalloh lässt dies durchblicken und auch Erfahrungen aus dem näheren Bekanntenkreis belegen dies. So wurde erst kürzlich ein Kommilitone wegen der Aussage einer Polizistin und gegen die Aussage zweier Zeugen wegen Körperverletzung verurteilt, obwohl auch ein ärztliches Gutachten keine körperlichen Schäden am Körper des Beamten feststellen konnten. Während im Übrigen die Kollegin des Klägers aussagte, der Beklagte habe diesen offen angegriffen, besagen die beiden Zeugenaussagen, dass sich niemand der Verhaftung, in deren Umfeld der vermeintliche Übergriff stattgefunden haben soll, genähert habe. Die Person, welche an dieser Stelle verhaftet wurde, ist übrigens in erster Instanz freigesprochen worden, gab sich jedoch in zweiter Instanz unserem Rechtsstaat gegenüber geschlagen, nachdem die Richterin bereits vor Beginn der Verhandlung verkündete, dass es sich um ein Ermessensurteil handele, und sie den Angeklagten für Schuldig bekennen würde. Als Grandé Finalé gab es dann noch Lob für den prügelnden Beamten.
Achja, dass im Rahmen des Bildungsstreiks in diesem Herbst, neben dem Gewaltgipfel in Stuttgart, bei welchem berittene Vertreter der Exekutive gezielt in eine Menschenmenge ritten, viele DemonstrantInnen durch den Einsatz von Knüppeln und Pfefferspray stellenweise schwer verletzt wurden, haben die Medien nicht berichtet. Man mag ja böses Denken, aber vor allem der Fall Daniel Amon ist sehr interessant. Nie gehört? Woran mag das liegen?

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