Montag, 22. November 2010

Zurück zum Konsens

Nach den Debatten über Bildung, die Bundeswehr im Ausland und die Frage nach der Beteiligung der Verursacher der Finanzkrise (auch wenn diese These stark verkürzt ist) an deren Bewältigung ist es einmal wieder Zeit für ein Konsensthema in Deutschland.

Ein Volk in Angst lässt sich bekanntlich leichter regieren und die Deutschen neigen offensichtlich zur Präventivparanoia (H. Rether). Nun sind wir also auf Stufe neun der Zehnerskala und schwerbewaffnete PolizistInnen prägen das Bild der öffentlichen Orte, v.a. an jenen, welche der Infrastruktur zugehörig sind. Doch warum?

Wie unsinnig Maschinenpistolen in diesem Kontext sind, ist offensichtlich. Ein Akt der Terrorabwehr, zumal gegenüber Selbstmordattentätern, stellen diese nicht dar. Vielmehr erscheint es auch hier so, dass – vor allem auf Betreiben der Unionsparteien – das Volk einmal wieder an einen Zustand herangeführt werden soll. Ähnlich wie bei der vorsichtigen Installation von Kameras gibt es nun die Gewöhnung an paramilitärische Einheiten.

Doch die Sicherheit ist ein Konsensthema in Deutschland. Und dafür nimmt der brave Bürger bekanntlich so einiges hin, er hat doch nichts zu verbergen. Angst haben soll das Volk nicht, aber aufmerksam sein und natürlich das tun, was es immer tut. Gleichzeitig baut der Staat eine einschüchternde Kulisse auf. Wer einmal in Mitten eines Polizeikessels gelaufen ist, so wie ich es Anfang des Jahres in Frankfurt erlebt habe, weiß um die Stimmung, welche von Vermummten ausgeht, die Einen durch die Nacht führen.

Zuletzt wurde nachgelegt: Es solle kein pauschales Misstrauen gegenüber Moslems geben. Abgesehen natürlich von Jenen, die arabisch sprechen und viel Zeit in ihrer Wohnung verbringen.

Die Finanzkrise der dreißiger Jahre brachte den Faschismus mit sich. Die SS marschierte paramilitärisch auf und der subtile Antisemitismus wurde gestärkt. Die Angst vor dem Islam ist in Deutschland jedoch nicht subtil, auch nicht das Misstrauen und der unverhohlene Hass. Auch nicht die Diffamierung. Wenn ein Innenminister solche Statements abgibt, so weiß er darum, dass sich die Wirkung in Gegenteiligem ausdrückt.

Achja, das macht mir Angst.

Montag, 1. November 2010

Sunk Cost Fallacy

An dieser Stelle erneut ein wenig "Literatur". Auch diese Geschichte liegt in jenem Ordner, welcher, im besten Falle, einmal unter dem Titel "Agonie & Ecstasy" veröffentlicht wird. Viel Spaß!

Ihr Körper bildet im Gegenlicht eine verführerische Silhouette, welche ich beobachte, während ich rauche. Sie streift sich ihr Top über, das letzte Kleidungsstück, bevor sie das Gegenlicht verlassen, in den Flur gehen und sich ihre Jacke und Schuhe nehmen wird.

Ich liege auf dem Bett und mein Körper zittert. Ich sehe es an der Zigarette in meiner Hand, welche immer wieder einen Teil ihrer Asche auf den Laken verliert, weil ich sie nicht ruhig über dem Aschenbecher halten kann. Ich sehe es an der Decke, welche unter den Bewegungen meiner Füße bewegt. Inzwischen hat sie das verführerische Gegenlicht verlassen. Sie wird wiederkommen, kurz, sich verabschieden. Sie ist ist höflicher Mensch. Und ich liege dort, halte krampfhaft den glühenden Tabak und versuche mich zu beherrschen, bis sie endgültig die Tür nach sich geschlossen hat. Sie ist nie geblieben. Anfangs wartete ich immer auf die Schritte. Die zufallende Tür. Dann eine Pause. Dann die Schritte. Die Schritte, welche mir zeigen sollen, dass es nur eine kurze Provokation war. Ihre Silhouette erneut im Gegenlicht, ihre Kleidung, wie sie fällt und sie wieder zurück ins Bett kommt, an meine Seite. Ihre Haut so nah meiner zu spüren, ihr Kopf in meinen Armen und dann der Schlaf. Der Schlaf im sanften Gegenlicht, welches nicht mehr ihre Silhouette zeigt. Sie zeigt sie nicht, denn sie liegt neben mir, in meinen Armen und ich schlafe ein und rieche den Duft ihrer Haut. Nicht jenen Duft, welchen die Laken noch immer in sich tragen, nein, den Duft, welcher direkt von ihrer Haut ausgeht.

Und so fällt das sanfte Gegenlicht auf mich. Es provoziert mich, denn erneut fällt es auf mich und erneut erklingen keine Schritte. Die Tür fiel in das Schloss, es gab nur einen kleinen Laut; einen Laut, welchen die Nachbarn nicht hören werden. Ich liege hier und zittere. Ich sehe es an der Zigarette in meiner Hand, welche immer wieder einen Teil ihrer Asche auf den Laken verliert, weil ich sie nicht ruhig über dem Aschenbecher halten kann. Ich sehe es an der Decke, welche unter den Bewegungen meiner Füße bewegt. Inzwischen ist das Gegenlicht nicht mehr verführerisch; es verspottet mich. Armer Tor! Glaubst immer noch, du könntest diese Frau besitzen? Besitzen? Nicht besitzen! Sie bei dir haben. Sie kommt wieder, immer wieder. Sie kommt zu dir und raubt dir deine Sinne. Raubt dir die Sinne, weil sie dich ihre rauben lässt. Und dann? Dann liegst du dort und starrst in das sanfte Gegenlicht, welches plötzlich so brutal erscheint und schämst dich deiner selbst. Doch für was? Du hast nichts falsches getan! Du liegst nur dort.

Dein Leben ist kein Versagen. Du kommst über die Runden, hast einen guten Job und verdienst gutes Geld. Deine Wohnung erscheint nicht so, aber du bist bescheiden. Auf deinem Konto häuft sich langsam Geld an. Du hast Freunde, Bekannte, hast Menschen, mit denen du regelmäßig zu tun hast. Du gehst einmal in der Woche Fußball spielen. Du schwimmst an zwei weiteren Tagen und besuchst einen politischen Stammtisch. In deinem Regal stehen zwei Bücher, die du selbst verfasst hast. Und dennoch starrst du in dieses Gegenlicht und erwartest diese Schritte, welche sanft über dem Boden schweben. Sanft wie ihr Lächeln. Dieses Lächeln, die Opposition ihres sexuellen Gebahrens. Wenn du über sie hergefallen bist – so wie Sie über Dich – dann möchtest du dieses Lächeln spüren. Möchtest in dich aufnehmen – sensititv. Möchtest ihre Haut an deiner spüren- Möchtest es aufnehmen – olfaktorisch. Willst ihren Geruch niemals missen müssen. Möchtest es aufnehmen – gustisch. Willst sie küssen. Möchtest es aufnehmen – auditiv. Möchtest das sanfte Atmen ihres Schlafes hören. Möchtest es aufnehmen – visuell. Willst das sanfte Auf- und Ab ihrer Brust sehen. Doch du liegst hier und starrst in das Licht.

Ich stehe auf, lösche das Licht. Im Halbdunkel des Raumes beginnt eine zweite Paarung. Die verführerische Mary Jane trifft den rauen Jack Daniels. Sie verstehen sich gut. Sie brauchen dieses elende sexuelle nicht. Sie schmiegen sich ineinander, umringen einander, vereinen sich, stoßen sich ab, bleiben, gehen und am Ende liegen sie Arm in Arm beisammen und bereiten einen schönen Schlaf. Sich und mir.
Es klopft an der Tür und ich erwache aus meinen Gedanken. Das Licht ist noch immer an und ich habe die letzten Minuten nur geträumt. Wollte sie hinzu träumen und erwache nun in froher Hoffnung. Wer, wenn nicht sie. Ich eile. Ich verlangsame. Nein, auch du warst beschäftigt. Ich lasse mir mehr Zeit, als nötig wäre. Langsam öffne ich die Tür, versuche verschlafen und gewinnend zu blicken. Vor meiner Tür stehen zwei Männer. Ich erkenne ihre Uniformen. Es sind Beamte der Bundespolizei. Ich öffne die Tür und ergebe mich vollständig. Ich weiß nicht warum, ich habe nichts getan. Doch der Moment ist zu passend. Sie legen mir Handschellen an und führen mich das Treppenhaus herunter.

Auf der Straße steht sie und raucht eine Zigarette, ein Polizist spricht mit ihr. Später werden sie mir alles sagen. Sie hatten mich im Auge, ich war unschuldig, sie manipulativ. Ich begehrte sie so sehr, dass ich jede ihrer Anspielungen als Aufforderung nahm und mich selbst belastete. In ihren Sachen war immer ein Tonband. Jede Nacht mitgeschnitten und immer hatte sie mehr gefordert und ich ihr mehr gegeben. Wenn sie nur diesen Kriminellen lieben konnte, ich wollte dieser Kriminelle sein- Hauptsache, sie liebte mich. Langsam schritt ich an ihr vorbei. Bedauern? Angst? Apologetik? Desinteresse! Nur das lag in ihrem Blick. Sie war, wie sie mir später mitteilten, eine Prostituierte. Sie wurde bezahlt für jede Nacht. Ein Spitzel und eine Hure. So viele Frauen hatte ich neben ihr und nur Sie wollte ich. Ein böses Spiel des Schicksals.

Als ich zu Bett ging ergriff ich die gesammelten Tabletten unter meinem Kissen. Ich war ein vorzüglicher Häftling. Ich hatte die Schuld gestanden, obwohl ich die Materie nicht verstand, in welcher ich mein Verbrechen begannen hatte. Ich bekam ein sanftes Urteil. Bei mir wurden psychische Krankheiten festgestellt. Angstattacken, schizophrene Anfälle. Ich behielt die Tabletten, so gut es mir möglich war. Nun waren es nur zwei Tage bis zum Ende meiner Haft. Ich ging zum Waschbecken und füllte den Becher mit Wasser. Daraufhin setzte ich mich auf mein Bett und starrte in Richtung der Tür. Durch die Luke fiel ein matter Lichtschein. Ich nahm eine Tablette nach der Anderen, dann zwei auf einmal, dann drei, dann vier. Irgendwann hatte ich sie alle geschluckt. Ich blickte dem matten Lichtschein entgegen, welcher zu jenem Gegenlicht wurde, in welchem sich ihre Silhouette widerspiegelte. Das Licht veränderte sich. Ich hörte Schritte; diesmal kam sie zurück.

Donnerstag, 28. Oktober 2010

AStA 3:0 Demokratie

Der AStA-tragenden Listen haben gestern die Sitzung des Studierendenparlaments an der Universität Duisburg-Essen vertagt. Die erste reguläre Sitzung nach der konstituierenden Sitzung konnte somit nicht abgeschlossen werden. Dies bedeutet, dass erst etwa 4 Monate nach Ende der Wahl die erste reguläre Sitzung beendet werden wird; das heißt nach dem ersten Drittel der Legislatur.

Interessant auch die inhaltliche Einbettung der Vertagung. Nachdem die Tagesordnung geändert worden war, um die Anträge vorzuziehen, – eingebracht von der LSD – da wichtige und unbedingt zu behandelnde Anträge auf der Tagesordnung stünden wurde ein Antrag auf Vertagung der Annahme des Protokolls der letzten Sitzung abgelehnt. Grund für diesen Antrag waren die mannigfaltigen Fehler in jenem Protokoll. Begründet wurde Antrag auf Vertagung u.A. damit, dass die Besprechung des Protokolls zu lange dauern würde.

Ein interessantes Vorgehen also von Seiten des RCDS und der Koalition. Zuerst werden zwei absolut unfähige Personen in ein Präsidium benannt, daraufhin werden Anträge abgelehnt, welche die inhaltliche Arbeit voranbringen und die Fehler der eigenen Leute ausgeglichen hätten und zuletzt argumentiert die Reaktion mit der Unfähigkeit der eigenen Leute um den demokratischen Prozess zu verhindern.

Achja, inhaltlich wurde noch nichts besprochen, in den letzten 4 Monaten, zumindest nicht im Rahmen des StuPa.

Samstag, 23. Oktober 2010

Revolution 1 [youtube]

Betrachtung des Status Quo. Weitere Videos folgen.

Dienstag, 19. Oktober 2010

Keine Forschung in der Lehre – Betrachtung der Massenuniversität

Warum verkürzt ein brillianter Linguist de Saussure? Warum nimmt ein begabter Anthropologe fehlerhafte historische Einordnungen hin? Warum erklärt ein genialer Sprachphilosoph simple Voraussetzungen ein ums andere Mal?

Eine Hauptbefürchtung der HochschullehrerInnen während der letzten Bildungsproteste war, dass die Studierenden und die Öffentlichkeit die Lehre als primäre Aufgabe der Universitäten ansähen – und nicht die Forschung. Gegenteiliges wurde immer beteuert, viel mehr noch der unbedingte Zusammenhang zwischen qualitativer Forschung und guter Lehre.

De Facto existiert diese Verbindung nicht mehr. Die Massenuniversität unserer Zeit ist keinesfalls ein Ort des Diskurses, an welchem interessierte Studierende aktiv die Forschungsergebnisse ihrer Dozentinnen und Dozenten erarbeiten, sie ist hingegen ein Ort, an welchem eine „richtige Denke“ oktroyiert wird. Arbeitsmarktkompatibilität, Zeitökonomie und Verkürzung: Dies sind die Parameter der universitären Ausbildung. Ausbildung? Richtig, Ausbildung. Die Universität als Ort der Wissenschaft, Kunst und Kultur – ihrem Selbstzweck genügend und die soziale Wirklichkeit reflektierend – gibt es nicht mehr. Vielleicht bleibt ein kleines studentisches Avantgarde welches dann auch den wissenschaftlichen Nachwuchs bildet, die gesellschaftliche Betrachtung dieser Minorität wird jedoch keine positive sein.

Prof. Dr. Eschbach, Professor für Semiotik an der Universität Duisburg-Essen, stellte zum Beispiel die Frage, warum de Saussure falsch gelehrt werde. Die Antwort darauf ist einfach; festzustellen und zu unterrichten, dass das Hauptwerk jenes Linguisten gar nicht Seines ist, bräuchte zu viel Zeit. Die Idee, welche unter seinem Namen veröffentlicht wurde, ist anerkannt. Warum also eine historische Richtigstellung.

Ebenso verhält es sich mit der Verkürzung wichtiger und prägender Autoren. Ein Kapitel, ein Essay und alles zum Download. Ein Blick in die Zimmer der Geistes- und GesellschaftswissenschaftlerInnen wäre interessant. Ein ganzes Buch von Luhmann bei einem Sozialwissenschaftler? Descaters Mediationen bei einer Philosophiestudentin? Huxley bei Anglisten? Fehlanzeige. Ein Groß der GermanistikstudentInnen interessiert sich nicht einmal für Thomas Mann, Alfred Döblin oder Johann Wolfgang Goethe.

Eben so nimmt sich auch der Kulturbegriff dieser Generation aus. Kein Theater, kein wissenschaftliches Gespräch: Abendbeschäftigung ist vulgäres Feiern. Ab 18 Uhr ist der geneigte Student eben ein junger Mensch. Beneidenswert, wer den Kopf freikriegen kann, jedoch traurig, wer den Kopf immer frei hat. Und dies ist die Majorität.

Die Reformen im bildungspolitischen Sektor haben diese Bewegung gefördert. So löblich die soziale Öffnung der Universitäten war und ist, so falsch wurde sie angegangen. JedeR darf studieren und wer das intellektuelle Vermögen dazu hat, soll dies auch können. Aber nicht JedeR muss studierenden. Der normative Zwang zum Studium, welches die universitäre Laufbahn zur simplen Berufsausbildung degradiert, ist der gezielte Versuch einer reaktionären Politikerklasse eine sukzessive Verdummung eines Volkes herbeizuführen. Wer sich dem nicht ostentativ entgegenstellt fördert diese Entwicklung nachhaltig. Ein Studium soll und muss epistemologisch angelegt sein, keinesfalls auf Verwertbarkeit.

Achja, die Resignation der älteren ProfessorInnenschaft ist nachvollziehbar, doch sollte dies eine nachfolgende Generation niemals aufhalten!

Freitag, 1. Oktober 2010

Erst kommt das Fressen, dann die Moral

Ich werde, auf Grund der heutigen bzw. gestrigen Ereignisse, in den folgenden Tagen etwas zu dem Thema Stuttgart 21 schreiben. Sinn oder Unsinn dieses Projektes werden dabei ausgeklammert, da der Diskurs kein Mittel war, dass die Regierung Mappus in Betracht zog.

Ich werde mich in den folgenden Tagen, sofern möglich, mit den alternativen BerichterstaterInnen aus Stuttgart in Verbindung setzen und hoffe dort umfassendere Gespräche führen zu können.

Der heutige Tag stellt eine Novellierung der staatlichen Gewalt gegenüber dem demokratischen Souverän - dem Volk - in der Nachkriegsgeschichte der Bundesrepublik Deutschland dar. Ob Stephan Mappus und Heribert Rech zurücktreten werden, was durchaus geboten wäre, werden die nächsten Tage zeigen. Dass Angela Merkel, auch als Kanzlerin, dieses Projekt als CDU Markenkern angegeben hat, zieht sie in die Verantwortung. Auch ihre Person ist, meiner Ansicht nach, politisch nicht mehr haltbar. Das radikale Durchgreifen der Polizei mit Methoden, welche aus den Ausbildungsbüchern der SS stammen könnten, ist ein bedrückendes Beispiel für die Unterminierung demokratischer Prinzipien und der Authorität des Volkes.

Es bleibt, an dieser Stelle, nur der Kommentar des Streams auf www.fluegel.tv zu zitieren: "Ohnmacht ist scheiße!"

Mittwoch, 29. September 2010

Hartz IV, Sarkozy und das Privatfernsehen

Was hat denn das Eine mit dem Anderen zu tun? Augenscheinlich wenig, doch hier entstehen Zusammenhänge auf einer Ebene, auf welcher wir sie lieber nicht sähen.

Beginnen wir mit der Debatte über Hartz IV. Wie die taz heute feststellte, ist der heiße Herbst bisher ausgeblieben und das wird sicher so bleiben. Die FAZ legte einen Artikel zur vollständigen Berechnung des Finanzaufwandes für einen Empfänger des ALG II vor. So erhalten Singles 645€ im Monat (inkl. Miete, Heizung und weiteren Nebenkosten) zzgl. 156€ Beitrag für die Sozialversicherung. Dieser Artikel sekundiert hervorragend zu den tendenziösen Statements der Ministerin für Arbeit und (Anti-)Soziales. Diese stellte fest - in bester FDP Manier - zu Arbeiten müsse sich lohnen. Jedoch geht Frau von der Leyen deutlich weiter. Ihre Aussagen lassen immer mitklingen, Arbeitslose seien doch eh faul und wollten doch gar nicht zurück auf den Arbeitsmarkt, der Zynismus jedoch nimmt kein Ende, so fuhr sie fort, dass „rein nach der statistischen Berechnung [...] die Kinderregelsätze sinken [müssten]“. Die Berechnungsgrundlage für die Sätze des ALG II ist bekannt. Es sind die unteren 20% der Einkommen in Deutschland. Dass Diesen nicht einmal mehr genug Geld für ihr Feierabendbier bleiben soll ist die eine Sache, die Berechnungsgrundlage eine andere.

Patrick Lindner - intellektueller Politsprössling in der falschen Partei - wird nicht müde den Ausbau des Niedriglohnsektors zu preisen. Dies beinhaltet zum einen natürlich Jobs, welche durch staatliche Mittel bezuschusst werden und somit aus der Statistik fallen, aber eben auch Einkommen am unteren Rand des Existenzminimums, welche wieder hinein fielen. Die Tendenz ist klar: Umso mehr BezieherInnen von geringen Einkommen, umso kleiner der Hartz IV Satz; eine Spirale nach unten. Hier findet sukzessive die Ausgrenzung einer "unproduktiven" Gesellschaftsschicht statt. Noch vor wenigen Jahrzehnten wäre von unwertem Leben die Rede gewesen.

Eine Differenzierung zwischen guten und schlechten Menschen trifft auch Nicolas Sarkozy. Eines steht fest, die Roma sind schlechte Menschen. Integrationsunwillig und kriminell. Klein Nicolas weiß, was in vielen Ländern Osteuropas seit langem eine breite Mehrheit in der Bevölkerung findet: Sie müssen weg! Frankreich hat dort historisch gewisse Vorteile; es kann die Roma einfach ausweisen. Ländern wie Bulgarien z.B. müssen sich immer um aufwendige Genozide bemühen.
Die Taktik Sarkozys ist klar. Er ist weder Rassist noch Faschist, doch wenn es kein politisches Vorankommen gibt und die Hälfte der MinisterInnen in Affären verstrickt ist gibt es nur einen Weg nach vorne: Das "Wir-Gefühl". Natürlich ist es schwer "Alle" in ein "Wir-Gefühl" einzubinden. Entsprechend wird der leichteste Weg gegangen, um Störungen zu verhindern: Alles, was nicht dazu gehört, ist eben der Feind. Ob Burkaverbot, oder die neuen Regeln für in Frankreich geborene Kinder mit Migrationshintergrund, Nicolas Sarkozy fährt die nationalistische Tour und ist damit in einem Europa, in welchem Belgien, Schweden und die Niederlande grade radikal nach rechts gerückt sind, in bester Gesellschaft. Dies ist das zweite Ausgrenzungsphänomen.

Beinahe vermute ich, die 23te Zeile zu schreiben, da ich nun zum Privatfernsehen komme. Spiegel TV zeigte kürzlich den Filmbeitrag "Unter Linken", in welchem Spiegelautor und Strahlemann-Journalist Fleischhauer mal so richtig mit seiner Familie abrechnen durfte. Von unsinnigen Debatten über ein Denkmal für ermordete Lesben im Nationalsozialismus (nachweislich wurde keine Frau wegen ihrer sexuellen Ausrichtung deportiert), über die Frage nach einem McDonalds bis hin zur Darstellung des Intendanten Claus Peymann als raffgierigen und bigotten Selbstdarsteller. Fleischhauer ist vor allem in dieser Szene indifferent. Gagen für Interviews werden oftmals vereinbart, um Absagen oder Ähnliches zu verhindern. Wie oft Peymann diese Gage wirklich bezahlt bekommt, wäre interessant.
Des Weiteren ist der Journalist permanent ungenau und oberflächlich. Das jedoch interessiert nicht. Das Video, welches in vier Teilen auf dem Internetportal YouTube zu sehen ist, erfreut sich einer gewissen Beliebtheit und die Kommentare reichen von Genugtuung: "köstlich... endlich entlarvt Jemand die Linken Hohlköpfe" (anonymusxy), bis hin zum offenen Aufruf zum Mord: "Stellt sie an die wand das Linke pack oder steckt sie in busse die kolonnen weise ins meer fahren !"(StankRush)[Die Zitate sind orthographisch und grammatikalisch nicht verändert, da dies gegen die Grundlagen der wissenschaftlichen Zitation verstieße - Anm. d. A.].

Und die Moral von der G'schicht? Was sich hier auftut ist eine Tendenz eines Lagers, welches sich gerne als "bürgerlich" bezeichnet, in Richtung faschistoider Hegemonie und bigotter Moraldogmatik.

Achja, statistisch sind übrigens in den ersten Jahren der BRD mehr Homosexuelle belangt worden, als in den Jahren des NS-Regimes. Aber was soll mensch erwarten, die Kader waren ja groß teils gleich.

Sonntag, 22. August 2010

15 Years in Metal

Als kleiner ganz persönlicher Hinweis hier einmal der Link zur Show bezüglich des15-jährigen Bestehens von Damaged Justice. Demnächst dann wieder mehr Text.

eternalconcert - 15 Years in Metal

Donnerstag, 12. August 2010

Und noch einmal...

Es war wohl der Satz des Abends: „Und deswegen darf dieser AStA nicht entlastet werden.“ Die Gründe? Mannigfaltig! Keine schriftlichen Berichte vorliegend, keine konkreten Aussagen, Straftatbestände, Satzungsverstöße etc.. Nun, so kam es dann glücklicherweise auch. Der AStA wurde mit 20 Nein zu 17 Ja-Stimmen nicht entlastet. Bedauerlich, dass es noch immer 17 ParlamentarierInnen gab, welche Satzungs- und Gesetzesverstöße für nicht so relevant empfanden, als dass es sie von einer Entlastung hätte absehen lassen. Dank dennoch dem Teilerfolg.

Doch bleiben wir doch etwas an diesem gestrigen Abend verweilen. Es war eine Sitzung, wie sie nur ablaufen kann, wenn Menschen ohne Interesse an einem demokratischen System sie führen. Jürgen Reitter, Vorsitzender des Wahlausschusses und Chefpropagandist des RCDS, schaffte es dann auch direkt die Zahl der Satzungsverstöße binnen der ersten Minuten in den zweistelligen Bereich zu treiben. Davon ab, dass die Sitzung nicht Satzungsgemäß geladen war und auch die Tagesordnung dieser widersprach. Das Studierendenparlament stellte dann noch in Folge fest, dass es sich nicht mit den Wahleinsprüchen befassen wolle, und, dass es eine weitere Leitung durch den Wahlausschuss, welcher bis zum Abgang des Selbstverwaltungssonnenkönigs, mit gezielter Diffamierung der politischen Opposition keine neutrale Sitzungsleitung führte, beibehalten wolle. Nun, wir sind eben nicht unter DemokratInnen.

Ein erstes großes Highlight waren die beiden Wahleinsprüche aus dem Kreise der Familie Reitter. Patriach Reitter wetterte gegen den SDS und meine Person, stellenweise mit falschen Zitaten, und es wurde nicht so recht klar was er wollte. Wahlwiederholung? Ausschluss des SDS? Lynchjustiz gegenüber meiner Person? Vielleicht war es auch ein viertes Reich (reine Mutmaßung!).

Frau Reitter hingegen schaffte es die Wahl anzufechten, weil die Wähler frei entscheiden konnten. Sie wollte nicht mit Zweitstimmen ins Parlament gewählt werden, wenn die Erststimmen an den SDS gingen. Wo kämen wir auch hin, ließen wir dem Wähler seine Meinung und seine freie Entscheidung. Jedoch gebe ich dem RCDS inzwischen Recht, was seine Plakate mit dem Grundgesetz angeht. Ja, dieses Buch ist uns ein Dorn in Auge, denn wir müssen den RCDS immer wieder darauf hinweisen, dass sie das Ding nicht nur festhalten, sondern auch lesen sollten.

Im weiteren Verlauf der Sitzung schaffte es dann die Lehramtsliste, ihre Benennungen nicht Koalitionskonform durch zuziehen und sorgten so dankbarer Weise dafür, dass es im Haushaltsausschuss eine Mehrheit der Oppositionslisten gibt. Schade, dass dies satzungswidrig erneut gekippt werden sollte. Wir freuen uns bereits über die Prüfung des Vorgangs beim Justitiariat.

Der Bereich Berichte war spannend wie immer. Endgültig amüsant war dann jedoch, dass kein Fahrtenbuch des AStA-Fahrzeugs vorliegt. Jan Bauer übernahm die Verantwortung, natürlich nur für die Zukunft, was ihm jedoch auch so noch belasten könnte. Die Verwaltungsklage geht natürlich erst einmal an die Rechtsaufsicht, die AStA-Vorsitzende, Svenja Fahl. Und ich sagte noch: „Spiel nicht mit den Schmuddelkindern.“

An diesem Punkt ging es dann auch bereits zur (Nicht-)Entlastung, mit dem bereits genannten Ergebnis. Leider wurde danach vertagt, so dass die Listen RCDS, LUSt und LAL zum dritten Mal in Folge eine inhaltliche Arbeit des Studierendenparlaments verhinderten. Ich frage mich, warum sich StudentInnen für ein Parlament bewerben, in dem sie nicht arbeiten wollen. Aber wie das eben so ist.

Achja, Oli, magst du mich vielleicht abends anrufen und mir was zum Einschlafen erzählen? Deine Stimme ist so beruhigend...

Dienstag, 10. August 2010

Für Ehre und Vaterland

Eine interessante Debatte in meinem privaten Umfeld erbrachte die Motivation für diesen Blogeintrag. Die, nennen wir sie einmal so, militärischen Interventionen der Bundeswehr in Afghanistan stellen sicherlich den Höhepunkt der Remilitarisierung Deutschlands nach dem zweiten Weltkrieg dar. Erstmals nach der endgültigen Niederlage 1945 agiert ein deutscher Militärverband wieder mit Waffengewalt im Ausland. Trotz bemühter Rhetorik wird inzwischen von Krieg gesprochen, und nicht mehr von einem Stabilisierungseinsatz oder ähnlichem, doch die Konnotationen, welche hier geprägt werden, sind höchst gefährlich.

Es ist Aufgabe jedes guten Rhetorikers für seine Bewegung Märtyrer zu schaffen. Das wissen die Christen, das wussten die Nazis, das wusste die RAF und das weiß auch Verteidigungsminister von und zu und was auch immer Guttenberg. Nicht umsonst stellte er ostentativ heraus, dass er seiner kleinen Tochter (ach, wie niedlich unschuldig) ehrlich sagen konnte: „Ja, das sind Helden.“ Gleichzeitig spricht unsere Kanzlerin davon, dass die deutschen erst eine „Kultur der Trauer“ entwickeln müssten.

Mit dem Umschwung auf eine bevölkerungsnähere Rhetorik, wie eben die kriegsähnlichen Zuständen, dem umgangssprachlichen Krieg oder eben dem Krieg (natürlich nicht völkerrechtlich!) fand auch direkt eine Verklärung des deutschen Soldatentums statt. Es sei erfreulich, wurde da allerseits gesagt, dass sich die Bevölkerung wieder daran gewöhne, dass Soldaten in Uniform im öffentlichen Bild auftauchten. Ich persönlich bin mir sehr sicher, dass es einigen Leuten so ergeht wie mir und diese weniger erfreut sind, sich einer permanenten militärischen Präsenz ausgesetzt zu sehen. Aber wahrscheinlich ist dies eine Minderheit. Augenscheinlich tangiert es nur eine Minorität, dass inzwischen schwer bewaffnete PolizistInnen auf Bahnhöfen patrouillieren.

Doch wohin führt uns die eingeschlagene Richtung der rechts-liberalen (politische Einschätzung der New York Times, Anm. d. Verf.) Rethorik. Auf Grund der generellen Unfähigkeit dieser Regierung wahrscheinlich nicht in den Abgrund, aber die Stoßrichtung allein tat Gefahren auf. Es ist bereits an der Tagesordnung Debatten über Patriotismus führen zu müssen; und dies nicht mit dem rechtskonservativen Flügel der CDU oder gar mit Rechtsextremen, nein, es bricht aus der Mitte der Bevölkerung der Drang sich wieder patriotisch zu verhalten. Und dies im Kontext mit einer Soldatenehre.

„Mörder ist, wer aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst niederen Beweggründen […] einen Menschen tötet“(§211 StGB). Wirtschaftliche Interessen werden in zivilen Mordprozessen gemeinhin als niedere Beweggründe angeführt. Natürlich, für jedes niedere Motiv lässt sich ein höheres finden, zum Beispiel die Implementierung der Demokratie, doch seien wir einmal ehrlich: Wer seine politische Bildung nicht aus der Bild bezieht weiß, dass dieser Vorwand Unsinn ist. Ebenso wie die Verteidigung der Freiheit und Sicherheit Deutschlands am Hindukusch. Also hören wir doch einfach auf Mörder zu verehren. Dafür gibt es mit Himmler und Wessels bereits zwei Ikonen zu viel, und in diesen Trott will die Majorität der Gesellschaft sicher nicht zurück.

Achja, Teile der GdP sprechen sich jetzt für eine Bekanntgabe mit Name, Photo und Adresse von Sexualstraftätern aus. Aber eine Kennzeichnungspflicht für PolizistInnen ist immer noch tabu. Deutschland scheint es einfach mit Verbrechern in Uniformen zu haben.

Donnerstag, 15. Juli 2010

Arme JU

Wenn einem mal langweilig ist lohnt es sich auf die Seiten von JU und RCDS zu schauen. Die JU in Berlin hat jetzt wieder einen ganz besonderen Kalauer rausgehauen, welcher hier zu finden ist. Da musste ich dann mal drauf antworten.

Sehr geehrter Herr Clemens,

dass die JU so manchen Unsinn von sich gibt ist hinlänglich bekannt und immer wieder amüsant. Mit dem im Betreff genannten Artikel haben sie jedoch eine Meisterleistung an Unsinn vollbracht, für die es sicher eines gesonderten Lobes bedarf.

In ihrem amüsanten Artikel schreiben Sie, dass Pornographie immer frauenfeindlich sei. Dies ist äußerst interessant, da es eine große feministische Pornographiebewegung gibt. Des Weiteren würde mich interessieren, warum Pornographie die Gewaltbereitschaft steigert. Mir persönlich erscheint es eher nachvollziehbar, dass die Gewaltbereitschaft nachlässt. Immerhin tritt nach der Masturbation ein Gefühl der Enstpannung ein.

Auch würde es mich interessieren, wie sie ihre Aussage zur Frauenfeindlichkeit damit vereinbaren, dass durchaus viele - gar die Meisten - jungen Frauen ebenfalls Pornographie zur Selbstbefriedigung nutzen. Eine Generation der Selbstentfremdeten?

Herr Clemens, ich denke sie bedürfen einfach einmal eines anständigen Sexuallebens. Dann könnten sie sich mit reaktionären Strömungen innerhalb von JU und RCDS auseinandersetzen, anstatt dümmlich zu überlegen, was sie machen könnten, wenn es mit der Errektion beim schauen von Pornographie erneut nicht klappt.

Mit aufgeklärten Grüßen,

Daniel Lucas

PS: Sexualität im allgemeinen und Kinderpornographie im speziellen gleichzusetzen ist im Übrigen erschütternd. Ich wusste nicht, dass es im rechten Lager dort keine Differenzierung mehr gibt.


Achja, der RCDS scheint die StuPa-Wahl zu verlieren. Endlich...

Montag, 28. Juni 2010

So nebenbei...

Ihre Aussagen sind generell interessant, aber es gibt einen Aspekt, welcher – in Anbindung an meinen letzten Text – von magnifizenter Bedeutung ist. Pegah Ferydoni sagt in ihrem Interview mit der F.A.S.: „Man sagt dann immer: „Die Deutschen haben die Juden umgebracht.“ Nein: Deutsche haben Deutsche getötet. Die jüdischen Deutschen waren integriert.“
Der Faschismus, in Deutschland tief in der „Volksseele“ verankert, zeigt sich hier erneut offen. So wie Perser und katholische ImmigrantInnen in Deutschland als integriert gelten, so sind sie doch potentielle Opfer eines neuen Nationalwahns, wenn der Hass auf Araber nachlässt – auch aus Gründen der „political correctness“.
Konrad Adenauer, erster Kanzler dieser zu stolzen Republik, hat als angeblich überzeugter Kriegsgegner diesen Staat erneut aufgerüstet und hat damit den gleichen Weg wie Hitler eingeschlagen. Wie Hitler die Verträge von Versailles brach, so brach Adenauer die Potsdamer Verträge. Einziger Unterschied: Der radikale Antikommunismus des kapitalistischen Westens konnte einen erneuten Faschismus besser ertragen als einen funktionierenden Kommunismus (auch, wenn alle „historisch real kommunistischen“ Staaten kapitalistisch-totalitäre Systeme waren.).
Achja, den Übergang zum Aktuellen gibt es demnächst.

Montag, 31. Mai 2010

Falsche Demut

Die Sicherheit Israels sei deutsche Staatsräson, dies hat Kanzlerin Dr. Merkel in ihrer Amtszeit mehr als einmal betont. Dass dies ein Akt falsch verstandener Solidarität ist, hatte ich bereits in der Vergangenheit des Öfteren formuliert. Jene Form der unbedingten Solidarität, welche ein Großteil des deutschen Volkes mit der Regierung teilt, ist sicher ein Relikt der mangelnden Aufklärung und Verarbeitung der antisemitischen Verbrechen zu Zeiten des NS-Regimes. Die Frage, ob die Implementierung eines Staates Israel, sich selbst zionitisch, also genauso wie seine Nachbarn als Gottesstaat bezeichnend, nicht selbst ein Akt des gezielten Antisemitismus zu Gunsten eines wesentlichen Imperialismus ist. Eine Religions- und Kulturgemeinschaft wie das Judentum, welches seit Anbeginn der Gründung neuer monotheistischer Sekten, wie dem Christentum, Opfer der Verfolgung, im Kleinen wie im Großen, geworden ist, sollte sicher nicht, vor allem völkerrechtswidrig, einen künstlichen Staat inmitten von Feinden geschaffen bekommen sollte. Doch nun existiert dieser Staat und, das zur Begründung eines hohen Militärbudgets, muss sich notwendiger Weise verteidigen. Dass Israel das bestausgerüstete - und amerikanisch finanzierte - Militär der Region unterhält steht dabei Aussen vor. Dennoch gibt es in den letzten Wochen, zuletzt heute, drei große Themen, welche die Frage nach einer weiteren Unterstützung Israels zumindest zu einem Punkt der Diskussion machen sollte.

1.) Der Goldstone Bericht:
Die offizielle Untersuchung zur Operation "Gegossenes Blei" verlief zu Ungunsten Israels. Erstmalig wurde nicht nur von Seiten der Presse, sondern auch von Seiten einer offiziellen und internationalen Untersuchungskommission bestätigt, dass es durchaus Verstöße gegen das Völkerrecht gegeben hat. Zwar geht die Goldstone Kommission nicht so weit, von einem Völkermord zu sprechen, doch die erkennbare Tendenz ist eindeutig. Die Reaktion Israels war nicht etwa ein Umdenken in Bezug auf militärische Aktionen, sondern Leugnung und die ewige Abwehrhaltung: Antisemitismus.

2.)Nicht Unterzeichnung des Atomwaffensperrvertrages:
Wenn es einen Staat in der Region gibt, von dessen atomarer Bewaffnung mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgegangen werden kann, dann ist es Israel. So schwer es auch ist, Bombardements auf Tunnel und den Gazastreifen insgesamt zu beurteilen, so leicht ist es auf der anderen Seite, dass Israel, wenn es Atomwaffen besitzt, diese auch melden muss. Als "westlich orientierter und demokratischer Staat" sollte es dann auch bereit sein sich entsprechenden Standards anzupassen.

3.) Angriff auf die "Free Gaza Flottile"
Noch sind die Daten unklar, genauso wie die Umstände der Auseinandersetzungen. Jedoch gab es sicher über 10 Tote, wenn nicht mehr. Wenn Israel es sich inzwischen erlauben kann zivile Flotten in internationalen Gewässern gewaltsam anzugreifen muss man sich endgültig fragen, warum eine Scharmützeln in koreanischen Gewässern auf eine Gefahr hinweist. Man kann nur hoffen, dass die einberufenen Sondersitzungen wirtschaftliche Sanktionen für Israel zur Folge haben, damit ein Friedensprozess, welcher im Interesse, außer vielleicht Menschen des Kalibers von Außenminister Liebermann, sein sollte endlich vorangebracht werden kann.

Es steht außer Frage: Antisemitismus ist in Deutschland und Europa ein weitverbreitetes und immer noch allzu aktuelles Problem. Dass dies jedoch nicht mit falscher Solidarität gelöst werden kann, sollte den Verantwortlichen der Politik ebenfalls klar sein. Rechtspopulisten und Rechtsradikale werden auch weiterhin stets neue Gründe für Kampagnen gegen Juden finden, wenn die Politik sich entsprechend weiter verhält. Nicht umsonst sieht die jüdische Intellektuelle in und außerhalb Israels die Vorgänge dort immer kritischer.
Achja, Kritik ist keine Form der Hetze, bevor die Anschuldigungen wieder kommen.

Mittwoch, 19. Mai 2010

Rendezvous

Es wird, so denke ich, einmal wieder Zeit für Poesie. Passend zum - erneut - aufkeimenden Frühling ein wenig Romatik aus dem (fiktiven) ersten Band "Auf der anderen Seite".

„Das nächste mal“, ich spucke eine Mischung aus Speichel und Blut auf den Gehsteig, „warnst du mich vor.“
Sie lacht.
„Aber ich sagte doch...“
Ich interveniere.
„...Ficken und Schlagen. Ich weiß, aber ich zog das in einen direkten Kontext. Man möge diesen Fehler nachvollziehen und entschuldigen.“
Sie lacht erneut und geht einen Schritt auf mich zu und packt mir in den Schritt, während sie sanft auf mein Ohrläppchen beißt und mir ins Ohr flüstert: „Trotzdem danke. Und jetzt komm.“

Wir gehen zu ihr. Ein paar Schritte die Hauptstraße entlang. Dann durch kleinere Straßen, großenteils 30 Zonen. Niemand sagt etwas, ihre Hand ist lose in meiner und ich verspüre einen prophylaktischen Kater. Es nieselt ein wenig, aber die Luft ist warm, angenehm, beinahe wie ein Frühsommerabend an einem spanischen Strand. Ich nehme tiefe Züge und gelange zu einem langsamen Wohlsein. Der Schmerz rund um meinen Kiefer lässt nach und Stück für Stück verdränge ich die gebrochene Nase dieses primitiven Arschlochs, dessenetwegen sie mich überhaupt angerufen hatte. Ich frage auch nicht, die Antwort wäre zu ernüchternd. Sie hat gespielt, mit ihren Reizen, mit ihrem Humor und ihrem Charme. Ich würde meinen halberregierten Schwanz darauf verwetten. Aber das ist jetzt egal. Er hat den kürzeren gezogen, in doppelter Hinsicht und ich, ja ich, brauche nicht einmal mehr die typischen „Mit-nach-oben-kommen“-Floskeln zu ertragen, es wird Sex geben und diesen ebenfalls aus zweierlei Gründen. Erstens aus Dankbarkeit und zweitens weil ich einfach gut bin. Beinahe entgeht es mir, dass sie die Tür aufschließt, beinahe verfehle ich die erste Stufe, beinahe gleite ich psychisch vollkommen weg, letzendlich begreife ich aber im Treppenhaus zu sein und wir betreten ihre Wohnung. Sie hängt die Jacke an die Gaderobe und wirft den knappen Pullover weg, darunter trägt sie noch ein Top, erneut spielt sie. Seit ca. 20 Minuten haben wir kein Wort mehr gesprochen. Ich setze mich auf die Couch, nicht auf das, beinahe als Spielwiese zu bezeichnende, Bett. Ich Bestimme, glaube ich. Sie betritt mit zwei Bier in der Hand den Raum, guckt etwas enttäuscht, kurz, und lässt dann das erotische und, wenn auch nicht tödliche, so dennoch auf jeden Fall gefährliche blitzen ihrer Augen aufleuchten und setzt sicht rittlings auf meinen Schoss um die Flaschen in einer Mischung aus Erotik und Obskurität mit ihren Zähnen zu öffnen. Ich kann mich, erneut, nicht entscheiden, ob ich erotisiert oder angeekelt bin. Sie lässt mich ein paar Tropfen von ihrem Kinn lecken, bevor sie mir meine eigene Flasche reicht. Meine Marke, sie ist vorbereitet und mich überfällt eine kurze Panik. Aus Prinzip drehe ich mir eine Zigarette, während ich ihre Titten als Halter für meine Hände nutzen. Sie sagt nichts, nimmt einen kleinen Schluck und reißt mir die Zigarette aus dem Mund, kaum habe ich den ersten Zug getan. Elende Pseudonichtraucher. Für ihren Pegel äußerst elegant wirft sie sich von mir um in einer aufreizenden Stellung neben mir auf der Couch zu verharren.
„Danke“, flüstert sie und ich antworte mit einem kurzen „Gern geschehen....“, während ich mir demonstrativ den Kiefer reibe. Sie schiebt ihren rechten Fuß zwischen meine Beine und bleibt gute 5cm unter der Höhe meines Gliedes, wäre es erregiert und in der Hose eingezwängt, mit kreisenden Bewegungen, verharrend. Sicherheitsabstand und Provokation. Ich stelle fest, dass ich diese Frau liebe und ihr dennoch, während ich gerade in sie abspritze, die Kehle durchschneiden und ihr Blut trinken möchte, wobei ich mich im Endeffekt doch von diesem Gedanken, so unauffällig wie möglich, zu distanzieren versuche. Sie zieht ihren Fuß zurück und schmiegt sich, meine Körperhaltung eigenützig ändernd, an mich heran, das Maximum ihrer Dankbarkeit, Non-sexueller Kontakt, welch eine Idiotie zu meinen Gewohnheiten, vor allem, wenn ich meine Dankbarkeit für diese Geste bedenke.
Sie steht auf und holt neues Bier. In dem kurzen Durchschein erkenne ich, dass mein Bier wirklich leer ist. Sie kommt wieder, mit einem überzogenen Hüftschwung, wieder setzt sie mich rittlings auf meinen Schoss, gibt mir Bier, in verträglichen Mengen und beginnt sich fast unmerklich rythmisch auf mir zu bewegen. Sie weiß, dass ich es bemerke. Gottverdammtes Miststück. Ich beiße in ihren Hals, falle beinahe wütend über sie her, bewege mich vom Hals abwärts, mache mir etwas Platz, zieh ihr dann doch das Top aus, sie trägt inzwischen keinen BH mehr, fahre über ihre Brüste, sie stöhnt laut auf, krallt sich in meinen Haaren fest und verstärkt ihre Bewegungen, während sie auch mich auszuziehen beginnt. Ich wiederum werfe sie auf den kleinen Tisch vor uns, sie schreit auf und reagiert indem sie, mit nach wie vor unerwarteter Kraft, ihre Schenkel nutzt um mich über sie zu ziehen.
„noch nicht...“
Sie atmet inzwischen schwer und zaubert irgendwo her ein kleines Plastiktütchen hervor, ich nehme es und ziehe ihre Hose mitsamt Slip herunter und beginne ihre Fotze zu lecken, sie stöhnt auf, ich versuche den Moment, in dem sie sich verlöre, zu treffen und höre auf. Langsam träufele ich den Inhalt des Päckchens auf ihr Schambein und ziehe es Weg. Kokain und Vaginalflüssigkeit – Hell Yeah. Sie zieht die Reste von meinem Finger. Ich verteile das Pulver weiter um ihre Brustwatzen, ziehe die Lines, sie nimmt die Reste, sie muss die Kontrolle behalten, das ist ihr dank.
„Steck deinen scheiß Schwanz in meine Fotze!“, schreit sie plötzlich und packt rüde in meinen Genitalbereich, ich lasse sie gewähren, werfe sie auf den Tisch, dringe in sie ein, stoße mit den Oberschenkeln immer wieder gegen die Kante des Tisches, ignoriere den Schmerz, verkenne den Schmerz – genieße den Schmerz. Sie zieht mich runter, ich schmecke Blut, ihres, meines? Immer härter werden die Stöße, immer lauter ihr schreien, jeder Stoß wird mit einer tieferen Wunde in meinem Rücken quittiert, jeder Stoß kostet Blut, mein Blut, ihr Blut, gibt Kraft, nimmt Leben. Ich reiße sie hoch, erneut bohren sich ihre Zähnen in meinen Hals, ihre Hand krallt sich tiefer in meine Haare, während ich durch den Raum torkel und sie stürmisch auf und abfährt, bis ich sie schließlich gegen die Wand drücke und jeder weitere Stoß vom ganzen Haus aufgenommen und in vielfacher Lautstärke wiedergegeben wird, während das aufeinanderprallen zweier Körper sich mit ihren Schreien und meinem Stöhnen mischt. Sie stößt sich ab, ich torkele, sie reißt mich hinuter. Das Blut aus meiner gebrochenen Nase verteilt kleine Spritzer im Raum, ich rieche verbrannte Haut, ihre Haut unter der Bewegung auf dem Synthetikteppich. Schließlich kommt sie, presst ihre Beine zusammen, atmet einige Sekunden still, drängt mich von ihr herunter, ist über mir, nimmt meinen Schwanz in den Mund, bläst wie der Teufel, ich komme unter einem Schrei, sie erscheint wieder in meinem Blickfeld, mein Sperma tropft aus ihrem Mund, über meinen Körper, sie küsst mich, lässt mich meinen eigenen Samen schlucken, ermisst dem irgendeine Bedeutung und ist wieder verschwunden. Ich höre die Dusche. Drehe eine Zigarette, rauche sie, ziehe mich an, spüre wie die Kleidung sich im Blut verklebt, ignoriere es – muss los.

Auf der Straße scheint es bereits heller zu sein. Die Laternen brennen aber noch. Ich wickele mich in meinen Mantel, verdränge den Gedanken an die Schmerzen, welche ich fühlen werde, wenn das Kokain nachlässt. Überlege eine Taxi zu nehmen, sehe dann aber ein, dass kein Fahrer mich aufnehmen würde und laufe die wenigen Kilometer zu meiner Wohnung. Während ich die Türe öffne denke ich über Normalität nach, verwerfe den Gedanken, nehme einen tiefen Schluck aus der Wodkaflasche und falle auf mein Bett. Ich werde sie vergessen, bis sie wieder anruft – bald!

Sonntag, 16. Mai 2010

Warum rot-rot-grün nötig ist

Die FDP hat die Tür zugemacht, offiziell. Ob sie nun überhaupt eine Tür geöffnet haben oder sich im Endeffekt doch noch dazu entschließen könnten sei einmal dahingestellt. Will man der FDP nicht die Rolle des Retters des Landes zugestehen - und das kann niemand wollen - dann muss man nun endlich das Sondieren beenden und mit dem Koalieren beginnen. Und das mit rot-rot-grün.

Eine große Koalition wäre fatal für das Land NRW: So wichtig es auch wahr, dass rot-grün Anno 2005 abgelöst wurde, so wichtig ist es nun, dass das System Rüttgers entfernt wird, bevor es sich festzeckt. Schwarz-gelb in NRW, das ist der Inbegriff von Entdemokratisierung und Günstlingswirtschaft. Pinkwart der Innovator und Rüttgers der Arbeiterführer, ein Traum-Duo - zumindest nach Aussen. Vor allem die Hochschulen können ein Lied von der Innovationskraft des Herrn Pinkwart erzählen. Es ging dabei um nichts anderes, als eine Diktatur der Privatwirtschaft.

Auch der Arbeiterführer Rüttgers ist angekratzt. Mag seine Herkunft ihm geholfen haben, so ist sie nicht länger ausreichend, um die Missstände seiner Politik zu überdecken.

Doch warum nun rot-rot-grün? Ideologisch stünde diese Koalition konträr zur Alten. Hier ist die Linke als Faktor + sicherlich nicht zu verachten. Während die SPD und Grüne bereits etabliert sind, hat die Linke noch den Biss junger ParlamentarierInnen und ist noch nicht allzusehr von der Pragmatik des politischen Alltages geprägt. Hier ergäben sich sicherlich Chancen zu einer wirklichen Veränderung. Denn wer mit frischem Blut von der Straße kommt hat noch genug Idealismus im Kopf um sich wirklich um die Veränderung der bestehenden Verhältnisse zu kümmern. Was für die SPD generell im großen Maße passt, passt für die SPD in NRW im speziellen im Kleinen: Für eine Zusammenarbeit mit der Linken müssen sie sich re-sozialdemokratisieren. Diese Chance darf nicht verpasst werden.

Sonntag, 2. Mai 2010

Zur Lage der Nation

Der erste Mai verlief ruhig. Das ist die einhellige Meinung der Berliner Polizei und Berlins erster Zeitung, der taz. Die Frage ist nun: Was sagt uns das? Man mag zu den Ausschreitungen am ersten Mai stehen wie man möchte, Fakt ist: In Hamburg und - vorallem - Berlin zeigt sich einmal im Jahr wo der Stimmungspegel im Lande - abseits der bürgerlichen Presse - denn so steht. Ein ruhiger erster Mai kann dabei einiges bedeuten. Entweder der Krawalltourismus hat endlich aufgehört, die Resignation ist gestiegen oder dem Kuschelkurs der Gewerkschaften im letzten Jahr folgt jetzt auch die alternative Szene. Kommen wir zu einer Bestandsaufnahme.

Auch ohne das Rettungspaket für Griechenland hat Herr Dr. Schäuble einen Parteigenossen in Sachen Rekord abgelöst. Nach Waigel ist er nun der Minister, welche die höchste Neuverschuldung in Deutschland zu, nunja, verschulden hat. Die Systemfrage jedoch stellt sich nach wie vor niemand und nicht einmal eine innersystemische Frage, nämlich die nach Verantwortlichkeien, wird wahrlich laut gestellt. Wer ist denn nun eigentlich Schuld? Der Geldgeber oder der Geldnehmer? Andes gefragt: Durfte man das radikale, strukturelle Defizit Griechenlands so lange unterstützen und: Warum zahlt man nun nicht einmal selbst die Zeche für seine Fehleinschätzungen? Das Thema Griechenland scheint jedoch nicht auf dem Tableau zu stehen, auch die rechtsradikale Szene wusste dies zu verhindern, warum?

Eigentlich ist es schon merkwürdig, dass NPD und Co nicht die Füße stillhalten und den Hass gegen den Kapitalismus soweit hochkochen lassen, dass es wieder zu einer radikalen Trennung zwischen bürgerlicher Meinung und linker Intellektueller kommt. Stattdessen bemühte man sich an diesem ersten Tag im Mai um sichtbare Zeichen und schuf somit Platz für breite und solidarische Demonstrationen gegen Rechts. Dabei sollte es den Verantwortlichen doch eigentlich klar sein, dass sie mit einer generellen Kapitalismuskritik erst dann punkten können, wenn es wieder zur Genüge Abstand zur Linken gibt. Schlagen wir den Bogen nach NRW.

Die Utopie, die Sozialfaschisten jener, so genannten, Freien Liberalen von der Regierungsbank in die APO zu schicken, wird eine bleiben. Die Frage warum der DGB sich nicht klar gegen eine schwarz-gelbe Regierung stellt, steht gerade deswegen im Raum. Auch Herr Sommer bot Herrn Dr. Rüttgers nicht die Stirn und versuchte dessen, anscheinend funktionierenden, Generierungsversuche als Arbeiterführer zu verhindern. Schade.

Was bleibt also vom ersten Mai? Alles ist wie immer, nur ein bisschen anders.
Achja, am 05.05. geht es übrigens in Düsseldorf wieder auf die Straße. "Wähl deine Bildungsperspektive" - ab 11 Uhr am Hauptbahnhof.

Sonntag, 4. April 2010

Von der Regierungsbank in die APO - Ein verträumter Ausblick

Es dauert wahrlich nicht mehr lange, dann wird in Deutschlands "wichtigstem" Bundesland gewählt. Die Frage, wie diese Wahl ausgehen wird, beschäftigt auch die Bundesvorstände der Parteien mehr als es andere Landtagswahlen täten. Immerhin geht es um eine Bundesratsmehrheit - aber auch um eine ideologische Frage.

Eine rot-rot-grüne Koalition in NRW würde das erste echte Linksbündnis Deutschlands bedeuten. Ist der nordrhein-westfälische Landesverband auch, mit negativen Konnotationen, als Haufen von Sektiereren und Fundis verschrien, so ist er doch wahrscheinlich als einziger nicht primär linkspopulitisch, sondern kommunistisch und sozialistisch geprägt, während die Freien Demokraten in NRW sich, vor allem auch in Person von Prof. Dr. Andreas Pinkwart, als neoliberaler und antisozialer Landesverband beweisen. CDU und SPD sind im bevölkerungsreichsten Bundesland weitesgehend auf einer Ebene, die Grünen dürften interessant werden. Die Frage bleibt nun also, welche Koalitionsmöglichkeiten gibt es, welche wären wünschenswert und welche wahrscheinlich.

1. Schwarz/Gelb: Eine Fortführung der bestehenden Koalition ist NRWs worst-case scenario. Die zunehmende Durchsetzungsfähigkeit Pinkwarts in der Bundespolitik schlägt jetzt schon unschöne Blüten. So ist das Stipendienprogramm, welches die FDP in NRW durchgesetzt hat, eine durchsichtige Strategie zur Umverteilung von unten nach oben. Eine weitere Fortsetzung, welche auch die sukzessive Fortsetzung der Kürzung von Kulturbudgets bedeuten würde, führte ganz NRW in ein riesiges Metropolis.

2. Schwarz/Grün: Das heimliche Turteln und tauschen von Zettelchen von Grünen und CDU sind auch in NRW bekannt. Die Grünen wollen Bildungsgebühren abschaffen, die CDU will das nicht. In anderen Bundesländern zeigt sich jedoch, dass die CDU bzgl. Bildungspolitik gerne das Zepter abgibt. Auch die maroden Straßen in NRW könnten es der CDU ermöglichen weiträumige Tempolimits mit zu tragen. Mitten in einem Industrieballraum dürfte es jedoch zu unüberwindlichen Divergenzen in der Wirtschaftspolitik kommen.

3. Rot/Grün: Das Gegenstück zu schwarz/gelb ist sicher ein praktikabeles Mittel. Die Grünen könnten die SPD in sichere Bahnen leiten und dort halten. Andererseits dürfte der Grüne Landesverband in NRW zu stolz sein, um sich als kleinen Koalitionsbruder abstempeln zu lassen.

4. Schwarz/Rot: Die große Koalition bedeute Stillstand heißt es allenthalben. Diese Koalition wäre sicher auch primär auf Bundesebene nützlich. Die SPD könnte den starken Landesverband der Christdemokraten auf Bundesebene etwas bremsen und so positiv auf die Bundespolitik einwirken. Für NRW jedoch brächte die Koalition wenig und würde sicherlich nachhaltig dem Ansehen der SPD schaden.

5. Rot/Rot/Grün: Die Linken in NRW auf der Regierungsbank wären ein interessantes Novum. Doch wird der Landesverband zu zerstritten sein, um wirklich konstruktive Arbeit zu leisten. Andererseits würde sich die (radikale) Linke sicherlich als Kommunikationsstimulator bemerkbar machen und bundesweit einen Diskurs über längst überfällige Reformen anstossen können.

Ob das Parlament ab Mai nun aus drei, vier oder fünf Parteien bestehen wird bleibt ab zu warten. Mich persönlich freute es natürlich, wählte man die FDP aus dem Parlament, neuste Umfragen machen diesbezüglich leider wenig Hoffnung. Was auch passieren möge, eine wirklich Traumkoalition gibt es nicht. Vielleicht wären 60% ungültige Stimmzettel mal ein Zeichen.
Achja, und eine Wahlbeteiligung von über 60% wäre wünschenswert...

Freitag, 5. März 2010

Ruhr 2010

Juhu, ich lebe in einer Kulturhauptstadt. Nun, das stimmt nicht so ganz, immerhin ist Essen die eigentliche Kulturhauptstadt, aber irgendwie soll sich doch jeder im Ruhrgebiet damit identifizieren können, somit tue ich es auch. Es war auch wahrlich eine Freude zu erfahren, dass das MiR (Musiktheater im Revier) so wunderbar renoviert wurde, es ist ebenso wunderbar, dass der Umbau von Bergwerksbarracken in Orte der Kunst sukzessive vorangetrieben wird, aber eines, dass ist definitiv nicht schön und genau dieses kommt aus dem Herzen der Kulturhauptstadt: Einsparungen.

Ca. 18% ihres jetzigen Förderetats sollen die Theater der Stadt Essen bis 2013 einsparen, ein heerer Verlust, welcher sicherlich die Zerstörung ganzer Sparten und die Schließung einer Theater nach sich ziehen wird.

Dabei hat sich Essen bisher kuturell immer gut darstellen können. Eine umfassende Kinokultur mit viel Programmkino, eine Philarmonie, der Saalbau zumindest NRW weit bekannt und auch die vielen kleinen Theater ermöglichten ein umfassendes Angebot von Spaß- bis Hochkultur.

Dass die Essener Stadtspitze dem jedoch nicht allzu gewogen gegenüber stand zeigte bereits das letzte Essen Origina, an welchem man lieber gegen bilige Allgemeinplätze polemisierte, anstatt das kulturell so vielfätige Angebot der Bühnen zu fördern, welche einem Bochum Total in nichts nach stehen.

Die Stadt Essen genißet, im Vergleich zu manchen Nachbarstädten, auch durch ihre Universität ein gewisses Ansehen. Eine Universität, vor allem ab einer gewissen Größe, bietet immer ein wenig Glanz. Jedoch auch hier zeigt sich wenig Begeisterung.

Generell schafft es die Kulturhauptstadt Ruhr2010 erstaunlich schnell, nämlich noch im selben Jahr, ihren Verfall zu beginnen.
Achja, irgendwie ist das schon typisch Ruhrgebiet.

Freitag, 26. Februar 2010

Deutsche Diskurskultur

Eigentlich ist es schon ekelhaft satirisch, was dort in den letzten Wochen durch die Medien läuft. Sei es Außenminister Guido Westerwelle, welcher seinen Sozialfaschismus mit falscher liberaler Ideologie würzt oder Robert Zollitsch, welcher Selbstverständlichkeiten als Revolution verkauft - und dies leider nicht einmal zu Unrecht - und natürlich nicht zuletzt der deutsche Feuilleton in der Diskussion um Frau Hegemann. Das diese Persivitäten, von letzterer einmal abgesehen, wenn auch nur in einem innerfeuilletistischen Streit, nicht für einen Aufschrei sorgen ist ein Armutszeugnis für die deutsche Bevölkerung. Doch gehen wir der Reihe nach.

Dass die FDP zwangsweise provozieren muss, bewies ihr Vorsitzender in den letzten Tagen zur Genüge. Es reichte nicht der subtile Rassismus des Europawahl Plakates ("Bildung ist ein Bürgerrecht"), nein, nun wird der Vorschlaghammer ausgepackt. Jene stark rechtsliberale Ausrichtung der FDP, welche linksliberale Parteimitglieder schon länger beklagen, zeigt sich nun von ihrer schwärzesten Seite: Das die FDP sich weit rechts von der CDU ansiedeln würde, das hätte wohl niemand gedacht. Doch Westerwelle versteht es geschickt, sich einer breiten Bevölkerungsschicht zu nähren. Arbeitslose sind tendenziell keine FDP-Wähler und verbitterte Niedriglöhner sind wahrscheinlich leichter auf zu hetzen, als es die Führung einer konstruktiven Debatte um einen Mindestlohn wäre.
Der "liberale" Primus hat dabei nun auch schon lange nicht mehr ein aufstrebendes Bildungsbürgertum jüngerer Generation vor Augen, dieses zieht eher zu den Grünen, sondern verträumte Kapitalisten des amerikanischen Standarts; Menschen also, welche unreflektiert dem Traum des sozialen Aufstieg nachhängen. Spräche Westerwelle eine junge Intellektuelle an, so wären seine Worte geschickter gewählt. Der Begriff der Dekadenz ist für eine kontroverse Debatte geeignet, aber jedoch vollkommen unpassend im Bezug auf die Thematik. Westerwelle als Usurpator des Dialoges über den Sozialstaat bedeutet also die Abkehr von einer ernsthaften Auseinandersetzung hin zu einer Kultur der billigen Propaganda - hier kann von Dekadenz die Rede sein. Der Außenminister drängt, so denke ich, sukzessive zu einer Reideoligisierung der Politik und dies vor allem mit einem Ziel: Jeden zu diffamieren, welcher von sozialer Gerechtigkeit spricht und dies mit dem Argument der Leistungsgerechtigkeit. Was Westerwelle sagt - bei gleichen Chancen habe ein Jeder das Heft selbst in der Hand - ist so nicht einmal falsch, es ist lediglich unrealistisch, zumindest innerhalb eines kapitalistischen Systems.

Doch die Frage ob ein System die notwendigen Opfer auffangen muss, welche seine Sieger erzeugen stellt sich nicht nur bei Deutschlands schlimmsten Außenminister seit 1945, sondern auch bei der italienischen Institution für organisierte Verbrecher, der katholischen Kirche.

Robert Zollitsch, Vorsitzender der Bischofskonferenz gab just heute bekannt, die katholische Kirche werde in Zukunft bei Missbrauchsfällen mit der Staatsanwaltschaft zusammen arbeiten, die deutsche Politik begrüßt dies.
Begrüßenswert ist dies durchaus, andererseits jedoch auch eine Selbstverständlichkeit, welche seit Jahren missachtet wurde. Über die gesamte Zeit ihres Bestehens hinweg weißt die Kirche erstaunlich viele Fälle von Morden, Vergewaltigung und Kriegen auf. Keinem anderen Staat außer dem Vatikan würde so viel Diplomatie gegenüber gebracht, hätte er eine Herrscherreihe, welche sich dieser Verbrechen schuldig gemacht habe.
Schon seit mehreren Jahrzehnten gibt es Untersuchungen über die Verbindung der strengen sexuellen Moralvorstellungen der Kirche und dem überproportional häufig auftretenden Misshandlungen Schutzbefohlener in dieser Institution. All jene Studien führten so äquivalenten Ergebnissen: Es gibt eine Verbindung.
Die Gegenwehr der Kirche erfolgte auch in diesen Tagen wie absehbar. Bischof Mixa beschuldigte die pornographisierte Gesellschaft Schuld an den Vorfällen zu haben. Das dies im Widerspruch zu dem Sachverhalt steht scheint dem dreisten Pfaffen nicht bewusst, denn nicht in der aufgeklärten Gesellschaft, sondern im moralischen Korsett des organisierten Christentums entstand der corpus delicti. Aber auch hier debattiert das deutsche Volk nicht fleißig, lehnt sich nicht auf und stellt nicht einmal die Frage, warum der Staat Steuern für eine Institution eintreibt, welche sich immernoch dagegen wehrt ihre Rolle im Nationalsozialismus aufzuklären.
Die Fälle von tausendfachen Vergewaltigungen in den USA hatten damals weltweit für Entsetzen gesorgt, die Fälle von hundertfachen Vergewaltigungen in Irland, vom Vatikan mit schützender Hand gedeckt, erweckten ebenfalls einen Aufschrei, auch die Fälle in Deutschland taten dies, jedoch konsequenzenlos.

Armes Deutschland lässt sich da nur sagen.
Ach übrigens, ob Helene Hegemann nun geklaut hat oder nicht sei mir vollkommen egal. Es spricht jedoch für das kulturelle Verständnis der Deutschen, dass sie zu 95% nicht wissen, worum es in der Debatte geht.

Dienstag, 2. Februar 2010

Antwort von Stefan Luther

Sehr geehrter Herr Lucas,

Ihre email an Bundesministerin Annette Schavan haben wir erhalten. Wie Sie wissen, ist die Ministerin mit allen Beteiligten im Gespräch, um die Situation für die Studierenden zu verbessern. Exemplarisch verweise ich auf die angestrebte BAföG-Erhöhung zum Herbst sowie die politischen Beschlüsse von Kultusminister- und Hochschulrektorenkonferenz. Ihre Unterstellungen im Zusammenhang mit den Vorgängen in Frankfurt weise ich jedoch entschieden zurück.

Mit freundlichen Grüßen
Stefan Luther

Es gibt doch nichts schöneres als umfassende Antworten.

Sonntag, 31. Januar 2010

Offener Brief an Annette Schavan

Sehr geehrte Frau Dr. Schavan,

bzgl. der starken Repression Seitens der Polizei bitte ich um Rückmeldung von ihrer Seite. Es drängt sich nach dem dystopischen Bildern des gestrigen Samstages, des 30.01.2010, die Frage auf, ob dies nun die neue Linie der "Bildungsrepublik" Deutschland ist, mit kritischen JungakademikerInnen um zu gehen. Ist es ihr politischer Wille, wie es in einem dikatorischen System üblich ist, Kritik mit kleinen, öfentlichen Handreichungen zu besänftigen und weiterführende Proteste gemütlich gewaltsam nieder zu schlagen oder ist in diesem Falle von einer weiteren schlecht organisierten Polizeiaktion bzw. eines politischen Alleingangs der Landesregierung ihres Parteifreundes Roland Koch zu rechnen?
Bezüglich meiner Fragen bitte ich um baldige Stellungnahme, damit die Positionierung der Bundesregierung zur gezielten Kriminalisierung von demokratischen Prozessen bekannt ist.
Sollten Sie, wie es zu erwarten ist, ausweichende Anworten geben, bitte ich Sie ihren Mitarbeiterstab damit zu beauftragen, zu eruieren, woher der politische Wille zur Antidemokratisierung in diesem Staat kommt. Von mehreren Einzelfällen zufälliger Einzelentscheidungen zur gezielten Diffarmierung der Proteste durch die Exekutive ist leider inzwischen nicht mehr aus zu gehen.

Freundlichst verbleibend,

Daniel Lucas
AStA-Referent für Hochschulpolitik

Das Schreiben wurde der Bundesministerin für Bildung auch über die, auf ihrer Homepage angegebene, E-Mail Adresse (annette.schavan@bundestag.de) übermittelt. Die Antwort, sofern sie eintrifft, wird hier ebenfalls publiziert werden.

Donnerstag, 28. Januar 2010

Das Problem der Partizipation

Ein erster Versuch mit audio-visuellen Mitteln zu arbeiten, damit ich trotz Faulheit regelmäßiger einmal etwas veröffentliche, viel Spaß:



Das Video gibt es natürlich auch auf YouTube!

Montag, 25. Januar 2010

Deutschland und sein "Rechts-"staat

Eigentlich kann man nichts anderes tun als langsam aus dem off zu applaudieren. Ein langsamer und anklagender Applaus für die Dresdner Staatsanwaltschaft. Nachdem bereits viele Plakate und Flyer beschlagnahmt wurde musste nun auch die Homepage des Bündnisses "Dresden-Nazifrei" auf einen internationalen Server umsteigen. Antifaschismus in Deutschland funktioniert nun also nur noch über das Ausland. Wie weit sind denn nun eigentlich noch die Tage, an denen wir alle ins Exil auswandern müssen?

Doch kurz zur Historie. Zum größten Event im faschistischen Kalender haben sich Alt- und Jungnazis einmal wieder was feines ausgedacht. Die größte Demo seit 1945. Bereits im letzten Jahr waren es 6000 FaschistInnen und NationalistInnen, welche nach Dresden kamen. Für dieses Jahr sind noch mehr Mitglieder der rechten Szene zu erwarten. Die Gegenbewegung "Dresden Nazifrei" wollte etwas dagegen unternehmen. Unterstützt von den demokratischen Partein des Bundestages, deren Jungendorganisationen, Gewerkschaften, antifaschistischen Organisationen und vielen Privatpersonen - zusammen über 1000 Personen und Organisationen - riefen sie zur Blockade auf. Eigentlich ist das Recht auf Blockade auch durch das Versammlunsgesetz abgedeckt. Eigentlich. Nachdem die sächsische Landesregierung bereits im Vorfeld versuchte das Aufeinandertreffen in Dresden durch ein Gesetz zu stoppen (blöd nur, wenn man die eigene Landesverfassung nicht kennt) zeigt man nun sein wahres Gesicht. Nicht die Nazis will man stoppen, sondern deren Gegner.

Der wichtigste Aspekt der Kampagne ist jedoch der psychologische Effekt. Durch das Verhalten der Staatsanwaltschaft wird die Lage in Dresden aggressiver sein, als sie es sein müsste. PolizistInnen, zumeist bzgl. der Rechtslage leider vollkommen unwissend, werden mit überzogener Härte gegen BlockiererInnen vorgehen, welche durch ihre präkriminalisierung bereits ein gewisses Wutpotential mitbringen werden. Man könnte dies quasi geplante Unruhen von Seiten des Staates betrachten.

Doch gerade aus diesem Grund ist es wichtig mit möglichst viele Ruhe nach Dresden anzureisen, den Provokationen der Polizei mit stoischer Ruhe entgegen zu treten und sein möglichstes zu tun um die braune Brut nicht in die Dresdner Innenstadt zu lassen. Ich hoffe, ihr erscheint zahlreich in Dresden. Eigentlich sollte dieser Aufruf mit mehr Historie erst Anfang März erscheinen. Doch die Situation gebietet eine sofortige Stellungnahme.
Achja, ihr könnt dies auch gerne als Selbstanzeige sehen.

Montag, 11. Januar 2010

GdP vs. Realität

Aus aktuellem Anlass muss ich das Problem der Polizeigewalt in diesem Staate doch einmal wieder ans Tageslicht zerren. Ich hatte es bereits mehrfach erwähnt, möchte dem ganzen Problem jedoch nun einen eigenen Beitrag widmen. Die Frage von Kadertreue und grober Verfehlungen der deutschen Polizei wurde nun nach der Neueröffnung des Verfahrens um Oury Jalloh auch in der deutschen Presse wieder aufgenommen. Hoffentlich wird diese Diskussion sich durch den Prozess ziehen. Die Nachricht, dass Mouctar Bah, welcher den Prozess gegen die verantwortlichen Polizisten angestrengt, immer wieder von der Polizei belästigt und schikaniert wurde, passt da nur zu gut ins Bild.

Gerne verweist man an dieser Stelle auf ein lokales Problem. Im Raum von Dessau gibt es eben viele Rassisten, zwangsweise sind eben auch viele Polizisten Rassisten. Einleuchtend, aber traurig. Erschreckend jedoch ist eigentlich der Verlauf des Prozesses. Beamte widersprechen sich, widerrufen Aussagen und das Gericht spricht den Verantwortlichen frei. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) verwies dieser Tage erneut darauf, dass es bei der Polizei keine Kadertreue gebe. Erstaunlicherweise gab es in den Jahren 2005-2008 in Hamburg bei ca. 400 Anzeigen wegen Polizeigewalt (Über 1000 Anzeigen im Jahr gegen PolizistInnen insgesamt) zu keiner einzigen Anzeige. Eine erstaunliche Bilanz.

In Berlin gab es im Jahr 2008 über 1300 Anklagen gegen PolizistInnen. Nur 4 kamen zur Anklage. Beide Städte gelten als Ausnahmeregionen. Der Prenzlauer Berg in Berlin und das Schanzenviertel in Hamburg sind Opfer gezielter Gentrifizierung. Über den - stellenweise gewaltbereiten - Widerstand der Anwohner erfährt man viel, über die Reaktion der Polizei nichts.

Man muss sich nur einmal die Mühe machen, ein wenig YouTube zu durchsuchen oder sich mit Menschen unterhalten, welche sich nicht für Dinge wie soziale Gerechtigkeit oder Antifaschismus einsetzen. Da sind die Klischees über linksradikale Steineschmeißer direkt präsent und die Kennzeichnungspflicht für Angehörige der Exekutive wird abgelehnt. Interessant ist es immer, wenn diese Menschen dann mit der Realität in Konflikt geraten. Vielleicht sollten wir in Deutschland ein Minderheitenschutzgesetz für aktive Demokraten einführen.

Doch belassen wir die Sache bei dieser Feststellung. Denn die Ohnmacht des Bürgers endet nicht bei der Polizei. Mag unser Grundgesetz auch anderes besagen: Das Prinzip der Gewaltenteilung existiert in Deutschland nicht. Der Fall Jalloh lässt dies durchblicken und auch Erfahrungen aus dem näheren Bekanntenkreis belegen dies. So wurde erst kürzlich ein Kommilitone wegen der Aussage einer Polizistin und gegen die Aussage zweier Zeugen wegen Körperverletzung verurteilt, obwohl auch ein ärztliches Gutachten keine körperlichen Schäden am Körper des Beamten feststellen konnten. Während im Übrigen die Kollegin des Klägers aussagte, der Beklagte habe diesen offen angegriffen, besagen die beiden Zeugenaussagen, dass sich niemand der Verhaftung, in deren Umfeld der vermeintliche Übergriff stattgefunden haben soll, genähert habe. Die Person, welche an dieser Stelle verhaftet wurde, ist übrigens in erster Instanz freigesprochen worden, gab sich jedoch in zweiter Instanz unserem Rechtsstaat gegenüber geschlagen, nachdem die Richterin bereits vor Beginn der Verhandlung verkündete, dass es sich um ein Ermessensurteil handele, und sie den Angeklagten für Schuldig bekennen würde. Als Grandé Finalé gab es dann noch Lob für den prügelnden Beamten.
Achja, dass im Rahmen des Bildungsstreiks in diesem Herbst, neben dem Gewaltgipfel in Stuttgart, bei welchem berittene Vertreter der Exekutive gezielt in eine Menschenmenge ritten, viele DemonstrantInnen durch den Einsatz von Knüppeln und Pfefferspray stellenweise schwer verletzt wurden, haben die Medien nicht berichtet. Man mag ja böses Denken, aber vor allem der Fall Daniel Amon ist sehr interessant. Nie gehört? Woran mag das liegen?

Donnerstag, 7. Januar 2010

Die hässliche Fratze der FDP

Zugegeben, ein wenig amüsant kann Herr Westerwelle ja durchaus sein. Seine Zurechtweisung des Erika Steinbach Fanclubs auf dem Drei-Königstreffen der FDP und deren Verbannung in die rechte Ecke kann man als humoristisch durchaus gelungen bezeichnen. Alles andere was von Seiten der FDP auf ihrem Neujahrstreffen zu hören war ist jedoch an Dreistigkeit kaum zu überbieten. Da fällt einem nur eines ein: Ich kann garnicht so viel essen, wie ich kotzen möchte.

Es wird also, so FDP Chefideologe Westerwelle, Zeit endlich die zu entlasten, die den Karren ziehen. Da möchte man doch jubeln, da möchte man doch zustimmen - da muss man stutzen. Westerwelle als neuer Arbeiterführer? Westerwelle an der Seite Jürgen Rüttgers. Proletarier aller Länder vereinigt Euch unter schwarz-gelb? Wohl kaum. Darüber wer den Karren zieht bzw. die Gesellschaft trägt kann man nämlich äußerst gut diskutieren und wird zu kontroversen Ergebnissen kommen. Man stelle sich, wie schon einige vorschlugen, mal vor die Müllabfuhr setzte aus, das Pflegepersonal, der öffentliche Nahverkehr streikte und, so ungern ich es sage, die Polizei ginge einfach mal in Urlaub. Auf der anderen Seite stelle man sich einmal vor diverse Bankmanager stellten einfach ihr Treiben ein. Die Auswirkungen auf die Gesellschaft wären wohl äußerst divergent.

Erstaunlicherweise ist es nun aber so, dass die Erstgenannten garnicht von den Reformen, vor allem nicht von den angestrebten Vorhaben der FDP, profitieren. Wer als endlich die Entlasten will, welche den Karren ziehen, dann muss man konträr zu den Vorhaben der FDP stehen.

Das zweite große "Aua" des FDP Treffens ist der Staatsbegriff der FDP. Die so genannten Liberalen stellen den Staat nun einmal gerne in Opposition zum Bürger. Aber ist der Staat nicht das Organ der Bürger? Und ist ein Bürger nicht Bürger durch seine Angehörigkeit zu einem Staat? Nimmt man gängige Staatstheorien, ich denke sogar ein Herr Nozick würde da zustimmen, so gehören Bürger und Staat zwangsweise zusammen. Eine kleine Nachhilfestunde in Sachen Staat wäre den Mitgliedern, und vor allem Führungskräften, der Freien Liberalen also empfohlen.

Es ist wahrscheinlich, dass sich die FDP langsam, aber stetig, als kleiner Quälgeist unter der Führung eines Größenwahnsinnigen im gesellschaftlichen Bild verankert. Die Frage ist primär nur, wie lange es noch dauert, bis sich dieses Bild endgültig durchsetzt. Man kann nur hoffen, dass es vor der nächsten Bundestagswahl geschieht. Ansonsten harren wir der Dinge die da kommen.
Achja, entgegen aller Vermutungen steht die Krise der Realwirtschaft, resultierend aus der Krise der Finanzwirtschaft, noch bevor. Herr Westerwelle möge dann bitte erklären, warum diejenigen, die seiner Meinung den Karren ziehen, ihre freiwilligen Steuergeschenke nicht in großem Maße an jene geben, die sie dann bedürfen. Oder muss man doch ein asoziales Arschloch sein um "liberal" zu sein?

Samstag, 2. Januar 2010

Vorausblick in das Jahr 2010

Während alle Welt sich in Retrospektiven ergibt - hier zeigt sich übrigens, wie sinnvoll es ist den Fernseher abzuschaffen, man wird einfach von Jahresrückblicken der sinnlosen Art verschont - versuche ich mich einmal, wenn auch nicht gerade alleinstehend, mit einer kleinen Vorausschau in dieses neue Jahrzehnt - sofern dieses im Jahr 10 beginnt...aber lassen wir das.

Was das Jahr 2010 so bringen wird lässt sich schwer voraussagen. Wahrscheinlich wird wieder einmal nichts passieren. Wir werden vor uns hindösen und ein schwarz-gelbes Steuergesetz nach dem Anderen begrüßen (und wieder verdrängen), wir werden darüber nörgeln, dass letztes Jahr irgendwie doch alles besser war und natürlich werden wir nichts tun. Vielleicht, aber nur vielleicht, tut sich dieses Jahr auch etwas.

Vielleicht schaffen es CDU und FDP ihre Unterstützung von sozialen Missständen so weit zu treiben, dass es doch jemanden stört. Vielleicht gibt es im Iran eine endgültige Eskalation und einen Systemsturz, vielleicht brennen in Athen weniger Wälder, aber mehr Häuser, vielleicht lassen sich AktivistInnen in Berlin und Hamburg davon inspirieren, vielleicht wird Deutschland Fußball Weltmeister und vielleicht, aber nur ganz vielleicht, gibt es auch in Deutschland Bewegung - wenn wir eben doch nicht Weltmeister werden, denn dann wäre ja alles wieder gut.

Vielleicht kriegen wir auch noch eine neue Islamdiskussion. Wie Hagen Rether feststellte diskutiert man ja inzwischen über den Islam, nicht über den Islamismus. Oder wir ersticken unsere Freiheit schlussendlich doch mit unserer Angst. Wenn jetzt schon Sprengstoff in Unterwäsche transporiert wird ist man nicht einmal beim Dessouskauf mit der Liebsten sicher.

Vielleicht setzt sich Slojterdijks Idee der Sozialkleptomanie durch und ich werde zum geläuterten Marktradikalisten - oder gewöhne mir gar das Rauchen ab.

Nun, genug davon. Das spannendste am Jahr 2010 wird wahrscheinlich zu beobachten, wo wieder nichts getan wird, obwohl etwas getan werden müsste. In diesem Sinne: Frohes Neues.
Achja, demonstriert wird natürlich trotzdem. Am 30.01.2010 geht es sogar direkt in Frankfurt los!