Donnerstag, 10. Februar 2011

Gedanken an Morgen

Dies ist der Text, welchen ich heute auf dem "Sprechreiz"-Slam gelesen habe.

Und während du dort stehst, versuche ich Stand zu fassen. Klammere mich an die Zigarette, als wäre sie der höchste Mast des sinkenden Schiffes und die Hoffnung bestünde darin, dass der Mast so hoch ist und dieses Schiff so langsam sinkt, dass ich empor klettern könnte um dort zu verharren, bis eine rettende Hand mich in ein wackeliges Boot zieht, welches dann meine Rettung darstellt.

Doch die Zeit, diese scheiß Nussschale, sinkt so schnell, dass man kaum begriffen hat, dass sie angekratzt wurde und der rettende Mast verglüht, bevor man sich an die Kälte des Wassers gewöhnen konnte, welches die Glut erstickt.

Und nun muss ich reden, muss etwas sagen, denn wir sind hier wegen mir, nun eigentlich wegen dir, oder eben dir und mir, das wiederum ist eben kein wir, und dennoch sind wir hier und ich muss nun reden, darf meine Fragen stellen, auf die ich keine Antworten bekomme und feststellen, dass die Illusion der Rettung nur die Halluzination des Ertrinkenden ist; und während mir all dies klar wird starre ich auf den Boden, zu deinen Füßen, vor die ich mich werfen würde, wüsste ich nicht, dass es vergebens ist, denn wir sind hier wegen mir, wegen dir und mir, irgendwie auch wegen dir, aber eigentlich, weil wir nicht wir sind, sondern du und ich, was ich immer wusste, du immer verneintest, ich immer betonte, du immer zu negieren versuchtest - am Ende zementiertest.

Doch die Vergangenheit ist ein vergessener Traum und ein vergebenes Ideal, an das man zurückdenken kann, wenn man die Waffe gegen sich selbst richtet, die aber die Kugel nicht daran hindert die Lähmung zu schaffen, wenn sie das Hirn zerfetzt.

Und nun rede ich, rede ohne etwas zu sagen, denn wir sind hier wegen mir, nun eigentlich wegen dir, oder eben dir und mir, das wiederum ist eben kein wir und dennoch sind wir hier und ich begreife, dass es ein Fehler war, Fragen stellen zu wollen, auf die man keine Antwort bekommt, weil das Gefühl, dieser elende Bastard, das bekommt, was die Bestie verdient, wenn sie sich aus ihrem Versteck traut und dem Licht des Tages entgegen tritt; gelockt von Sirenengesang und entgegen seinem Willen und die Sonne ist nicht das wärmende Licht, sondern die verglühende Allmacht.

Doch die Metapher ist nur eine Pointe des Gedankens, welche die Träne nicht davon abhält, wenn sie sich den Weg entlang der Wange wagt und und hindert auch die Lippen nicht daran verzerrt zu wirken, wenn der Stolz gebrochen ist.

Und während du dort stehst klammere ich mich an die Flasche, wie an den rettenden Mast des sinkenden Schiffes und spüre doch, dass sie das Meer befüllt, dass mich zu verschlucken droht. Doch versänke ich nicht in diesem Meer, welches ich selbst befülle, ich fiele in den Abgrund, den du grubst. Und dem freien Fall ist doch die Agonie vorzuziehen, imaginiert man sich bloß einen Mast, an den man sich klammern kann.