Dienstag, 10. August 2010

Für Ehre und Vaterland

Eine interessante Debatte in meinem privaten Umfeld erbrachte die Motivation für diesen Blogeintrag. Die, nennen wir sie einmal so, militärischen Interventionen der Bundeswehr in Afghanistan stellen sicherlich den Höhepunkt der Remilitarisierung Deutschlands nach dem zweiten Weltkrieg dar. Erstmals nach der endgültigen Niederlage 1945 agiert ein deutscher Militärverband wieder mit Waffengewalt im Ausland. Trotz bemühter Rhetorik wird inzwischen von Krieg gesprochen, und nicht mehr von einem Stabilisierungseinsatz oder ähnlichem, doch die Konnotationen, welche hier geprägt werden, sind höchst gefährlich.

Es ist Aufgabe jedes guten Rhetorikers für seine Bewegung Märtyrer zu schaffen. Das wissen die Christen, das wussten die Nazis, das wusste die RAF und das weiß auch Verteidigungsminister von und zu und was auch immer Guttenberg. Nicht umsonst stellte er ostentativ heraus, dass er seiner kleinen Tochter (ach, wie niedlich unschuldig) ehrlich sagen konnte: „Ja, das sind Helden.“ Gleichzeitig spricht unsere Kanzlerin davon, dass die deutschen erst eine „Kultur der Trauer“ entwickeln müssten.

Mit dem Umschwung auf eine bevölkerungsnähere Rhetorik, wie eben die kriegsähnlichen Zuständen, dem umgangssprachlichen Krieg oder eben dem Krieg (natürlich nicht völkerrechtlich!) fand auch direkt eine Verklärung des deutschen Soldatentums statt. Es sei erfreulich, wurde da allerseits gesagt, dass sich die Bevölkerung wieder daran gewöhne, dass Soldaten in Uniform im öffentlichen Bild auftauchten. Ich persönlich bin mir sehr sicher, dass es einigen Leuten so ergeht wie mir und diese weniger erfreut sind, sich einer permanenten militärischen Präsenz ausgesetzt zu sehen. Aber wahrscheinlich ist dies eine Minderheit. Augenscheinlich tangiert es nur eine Minorität, dass inzwischen schwer bewaffnete PolizistInnen auf Bahnhöfen patrouillieren.

Doch wohin führt uns die eingeschlagene Richtung der rechts-liberalen (politische Einschätzung der New York Times, Anm. d. Verf.) Rethorik. Auf Grund der generellen Unfähigkeit dieser Regierung wahrscheinlich nicht in den Abgrund, aber die Stoßrichtung allein tat Gefahren auf. Es ist bereits an der Tagesordnung Debatten über Patriotismus führen zu müssen; und dies nicht mit dem rechtskonservativen Flügel der CDU oder gar mit Rechtsextremen, nein, es bricht aus der Mitte der Bevölkerung der Drang sich wieder patriotisch zu verhalten. Und dies im Kontext mit einer Soldatenehre.

„Mörder ist, wer aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst niederen Beweggründen […] einen Menschen tötet“(§211 StGB). Wirtschaftliche Interessen werden in zivilen Mordprozessen gemeinhin als niedere Beweggründe angeführt. Natürlich, für jedes niedere Motiv lässt sich ein höheres finden, zum Beispiel die Implementierung der Demokratie, doch seien wir einmal ehrlich: Wer seine politische Bildung nicht aus der Bild bezieht weiß, dass dieser Vorwand Unsinn ist. Ebenso wie die Verteidigung der Freiheit und Sicherheit Deutschlands am Hindukusch. Also hören wir doch einfach auf Mörder zu verehren. Dafür gibt es mit Himmler und Wessels bereits zwei Ikonen zu viel, und in diesen Trott will die Majorität der Gesellschaft sicher nicht zurück.

Achja, Teile der GdP sprechen sich jetzt für eine Bekanntgabe mit Name, Photo und Adresse von Sexualstraftätern aus. Aber eine Kennzeichnungspflicht für PolizistInnen ist immer noch tabu. Deutschland scheint es einfach mit Verbrechern in Uniformen zu haben.

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