Mittwoch, 14. Oktober 2009

Kapitalismus und Religion

Eines meiner liebsten Zitate von Karl Marx ist das Folgende: "Die Grundlage aller Kritik, ist die Kritik an der Religion!" Mag Karl Marx sich auch nicht in einer Reihe mit Friedrich Nietzsche und Ludwig Feuerbach befinden, so war ihm sicher eines wichtig: Die Abkehr von den Illusionen der Religionsgemeinschaften. Nach wie vor empfinde ich es als recht seltsam, dass die Religionsfreiheit im Grundgesetz dieser Republik steht. Ein Recht auf freien Glauben - natürlich - einer jeder mag glauben was er mag, aber ein Recht auf freie Ausübung einer Religion? Vor allem, wo endet diese Freiheit? Zumeist endet diese Freiheit an den Verstädnisgrenzen der christlich geprägten Majorität und diese sind bekanntlich relativ eng. Doch wenden wir uns der Verbindung aus Kapitalismus und Religion zu.

Der Kapitalismus und die Religion haben vor allem eine Sache gemein. Sie stellen ein leuchtendes Ende in Aussicht um den widrigen Weg durch die bestehenden Verhältnisse zu rechtfertigen und - dies ist nicht minderwichtig - als notwendig und "gut" zu deklarieren. In den meisten Religionen erwartet einen ewige Glückseligkeit bzw. ewige Qual (die Wahrscheinlichkeit ist, vor allem im Christentum, ungleich höher, zumindest, wenn man voraussetzt, dass man ein erfülltes Leben führen möchte), im Kapitalismus der Wohlstand. Vom Tellerwäscher zum Millionär (binnen einer Woche im Optimalfall).

Das Ausbeutungsprinzip ist in beiden Institutionen vollkommen gleich. Es gibt immer eine kleine Gruppe von Menschen, welche die Arbeitsmechanismen verstanden haben und eine große Gruppe von Menschen, welche sich der Illusion bedienen um den widrigen Alltag ertragen zu können. Der Prunk selbst stellt in beiden Institutionen einen wichtigen Faktor der Aussenwirkung dar. "Sehr her, auch so könnt ihr leben!" Götter verdienen prunkvolle Tempel (bzw. deren Vertreter auf Erden stellvertretend für diese) und die Gewinner des kapitalistischen Systems ebenso (immerhin sind sie die Vertreter des Ideals in der Wirklichkeit).

Das es keine Religionen in den realkommunistischen, totalitären Staaten gab ist nicht weiter verwunderlich, auch wenn der Gedanke dahinter sicher ein anderer war. Die Auseinandersetzung mit der Religion ist sicher wichtig, immerhin bestimmen Religionen die gesamte menschliche Entwicklung, doch muss sie so nüchtern geführt werden, wie nur irgends möglich. Es gibt keine Rücksicht auf religiöse Gefühle.

Ebenso ist es auch mit der Diskussion über ökonomische Systeme (und damit zumeist auch über gesellschäftliche Systeme) gestellt. Grundlage eines Diskurses über den Kapitalismus sollte niemals die Frage nach dem (möglicherweise erreichbaren) Ziel sein, sondern nach den "bestehenden Umständen". Die Idee des Wohlstands für alle ist so unsinnig wie die Idee des Himmels (darum mögen Christen auch den Kapitalismus, es liegt an ihrem tief empfundenen Drang sich blenden zu lassen). Es gibt ein Leben nach dem Tod genauso wenig wie einen Wohlstand nach der Armut. Nichts von beidem tritt ein, wenn man sich nur devot, lämmisch und naiv verhält.

Die kulturelle Gefahr ist unübersehbar. Bildung, darstellende Kunst etc. werden nur noch nach ihrem ökonomischen Wert beurteilt. Ein Buch ist nur so gut wie seine Verkaufszahlen, eine CD ebenso...und Innovation überlassen wir lieber jenen, die es sich leisten können. Wer wissen möchte, wie die gesamte Geschichte ausgeht sollte sich einfach mal den Film Rollerball ansehen (also das Original, nicht das recht kritikbefreite Remake).
Übrigens: Geld für Steuererleichterungen für den Mittelstand ist primär aus einem Grund nicht da: Man will es nicht da holen, wo es reichlich vorhanden ist.

1 Kommentar:

  1. Im Gegensatz zur Religion verspricht der Kapitalismus eben nicht den Wohlstand für alle. In seiner Reinform schon garnicht. Natürlich ist er das Ziel, aber er wird eben nicht versprochen. Und im Gegensatz zur Religion ist es auch nicht eine Heilsvision, sondern der eigene Egoismus der die Triebfeder darstellt. Eben nicht: Liebe deinen Nächsten etc. Sondern: Sie zu, dass du deine Schäfchen im Trockenen hast. Und davon ab: Religion und Kapitalismus überhaupt zu vergleichen schein mir doch nahe an dem bekannten Apfel und Birnen-Beispiel.

    Das eine ist eine Wirtschaftsform, die man Kritisieren kann und deren Vertreter sich auch dieser Kritik stellen, dass andere ist eine.. naja, was ist Religion, wenn nicht eine Wahnvorstellung? Ich empfehle zum Thema Religion das Bucht "Der Gotteswahn" von Richard Dawkins.

    In einem Punkt gebe ich dir Recht: Keine Rücksicht auf religiöse Gefühle!

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