Mittwoch, 5. Januar 2011

Vorsicht, Ideologie!

Der SPIEGEL hat sich erneut eine kleine Meisterleistung erlaubt, indem er auf seiner Onlineplattform einen Artikel zu einem Text herausgebracht hatte, welchen Gesine Lötzsch in der Jungen Welt publizierte. Autor Stefan Berg scheint sich bei seinem Unterfangen vor allem eines gedacht zu haben: Bloß nicht recherchieren! So machte er sich nicht einmal die Mühe, über den ersten Absatz des Artikels hinweg zu lesen. Nicht einmal die letzten Zeilen las er, denn dort heißt es: „Es sind viele Bausteine, mit denen wir darum kämpfen, in der heutigen bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft über sie hinaus zu wirken, die Profitdominanz über Wirtschaft und Gesellschaft zu überwinden, die Ansätze einer neuen Gesellschaft »hineinzupressen« in die alte, bis sich beweist, daß dem demokratischen Sozialismus die Zukunft gehört.“ Kommunismus? Fehlanzeige!

Der benannte Artikel bezieht sich auf den Rosa Luxemburg Kongress und so tut es auch Frau Lötzsch. Luxemburg, im Gegensatz zu Stalin, befürwortete Beteiligungen an den Wahlen zur Nationalversammlungen und, auch das hebt Lötzsch hervor, konnte sich nie mit dem Parteikommunismus der UdSSR anfreunden.

Die Reaktionen der politischen Rechten auf diesen Artikel verliefen wie zu erwarten. Ideologieschelte und die Jetzt-ists-raus Mentalität. Doch was ist raus? Frau Lötzsch gibt in ihrem Text ein blühendes Bekenntnis zum Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland ab. Denn es steht eben nicht in §1 „Das Recht einer Minorität auf Profitmaximierung und Akkumulation von Kapital ist unantastbar“, sonder „Die Würde des Menschen ist unantastbar“. Bedauerlicher Weise verfahren die etablierten Parteien, vor allem die CDU, eher nach ersterem Prinzip.

Der zweite amüsante Punkt ist der Begriff der Ideologie. Gerne wird er von Konservativen genutzt, doch was ist eine Ideologie? Laut Marx ist eine Ideologie ein „Gebäude, das zur Verschleierung und damit zur Rechtfertigung der eigentlichen Machtverhältnisse dient“. Aha? Castro, befragt ob er inzwischen an Gott glaube, sagte, er sei noch immer dialektischer Materialist. Beides, Dialektik, wie auch Materialismus, widersprechen dem Ideologiebegriff. Eher ist er anwendbar auf Religion oder eben die pseudo-demokratrische Politik der rechten und wirtschaftsnahen Parteien.

Was Frau Lötzsch fordert ist Aufklärung und Partizipation – doch das will die Rechte nicht. Und weil ihr das so gut gelungen ist schreit der Parteisoldat brav mit – ohne zu wissen was eigentlich.

Achja, Dominik Sekulak schrie wieder laut mit. Mein liebes Kind, nur weil was drauf steht, ist es noch lange nicht drin.

Links:
http://www.jungewelt.de/2011/01-03/001.php?sstr=l%F6tzsch
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,737780,00.html

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