Sonntag, 24. Mai 2009

Kurras und der Feuilleton

Es ist wahrlich eine interessante Sache mit der deutschen Vergangenheit und dem Drang zur Aufarbeitung. Da stellt sich plötzlich heraus, dass Karl-Heinz Kurras ein SED Parteibuch besaß und wohl auch als IM aktiv gewesen sein soll und schon wird an der einen oder anderen Stelle der Ruf nach einer totalen Neuauflage des Falls laut.

Natürlich ist es eine, für die deutsch-deutsche Vergangenheit, relavante und interessante neue Frage die sich dort stellt. Was stellte die Stasi mit Interna der Westberliner Polizei an und inwiefern wird das noch eine Rolle in der weiterführenden Stasi-Aufklärung spielen? Doch was genau hat der Fall Ohnesorg damit zu tun? Wie wichtig ist die besagte Tätigkeit in der Betrachtung um die Vorfälle am am 2. Juni 1967? Sie ist ist nichtig!

Stephan Hebel schrieb in der gestrigen Frankfurter Rundschau: "Polizist Kurras war kein "Einzeltäter". Sein Schuss war die Eskalation einer gewollten und gezielten, gewaltätigen Repression gegen den Protest." Und damit sollte auch alles gesagt sein, warum?

Die Frage nach dem 'Warum?' stellt sich bekanntlich immer und entsprechende an dieser Stelle eine kleine Erläuterung.

Was zeichnete das Umfeld des Mordes, mögen wir ihn an dieser Stelle einmal nicht politisch nennen, an Benno Ohnesorg aus? Brutale Polizeigewalt, besagte Repression des Protests, willkürliches Vorgehen gegen Demonstranten. Soll es nun, in diesem allgemein aufgeheizten Klima, einem Klima, in welchen die junge, linke Intellektuelle die Schuldfrage stellte, in welchem der Ruf nach einer Abkehr von verbrecherischen Staaten und Untersuchung, wie Ausmistung, des eigenen Schweinestalls, immer lauter wurde, sollte in diesem Kontext ein einziger Tod entscheidend sein? Wohl kaum! Sicher, er sagte für mehr Radikalität, doch stellt sich die Frage, ob dieser Schuss nicht auch irgendwo anders, wenige Wochen später, hätte fallen können. Hätte es dann niemals die RAF gegeben? Unwahrscheinlich!

Nichts ändert sich in der Retrospektive, was sich nicht bereits geändert hat. Die RAF verlor bereits nach kurzer Zeit ihre Unterstützung in der Bevölkerung und der Springer Verlag darf nach wie vor ungestraft seine gefährlich-populistischen Verdummungsmedien unter das Volk streuen und wir leben ebenso fortwährend in einer apolitischen Gesellschaft, welche durch kapitalistische Interessen geprägt ist.

Mag die neue Aktenlage im Fall Kurras ein Aufhänger für alle Feuilletonisten und Meinungschreiberlinge sein, so werden auch sie, in wenigen Tagen, ehrlich zugeben, dass eine kurze Ruhephase sie doch zu dem Ergebnis brachte, dass sie gegebenfalls etwas überreagierten.
Aber zumindest durfte Stefan Aust den heutigen Feuilleton der FAZ mitgestalten.

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