Samstag, 29. August 2009

Die Kraft des geschriebenen Wortes

Welche Zeitung ist eigentlich die meist gelesene Zeitung Polens? Es ist, eigentlich war dies auch zu erwarten, das Boulevardblatt Fakt. Dies soll eigentlich nur eine kleine Einleitung und ein gewisses Aufatmen für die deutsche Identifikation sein, denn nicht nur Amerikaner und Deutsche sind zum Großteil Vollidioten, Polen definitiv auch und wenn man sich den Pressespiegel anderer Länder ansieht wird man sicherlich einige Verwandtschafften finden, man bedenke nur die Größe der britischen Sun. Interessanterweise ist die Le Monde jedoch die in Deutschland meistzitierte französische Zeitung, aber Frankreich hat ja auch noch eine sozialistische Partei.

Doch genug der Einleitung, es geht natürlich um das Thema Springer Verlag und dessen Frontschiff die Bild-"Zeitung". Eben jener Verlag hat sich nun in den letzten Tagen als besonderer Freund Israels zu profilieren versucht, in dem sie Original Pläne des Konzentrationslagers Auschwitz an Ministerpräsidenten Netanjahu übergaben. Angeblich sollen diese Pläne Eigentum des deutschen Staates sein, so zumindest das Bundesarchiv, der Springerverlag weiß natürlich nichts davon. Von der Eigentumsfrage abgesehen ist aber allein der reine Akt äußerst Interessant. Bereits während des letzten Völkermordes Seitens Israels, die Militäroperation "Gegossenes Blei" ist gemeint, zeigten sich sowohl Redakteure als auch Leser der rechtspopulistischen Bild äußerst solidarisch mit der israelischen Führung. Der Umgangston, vor allem in Leserbriefteil, erinnerte damals, soweit online einsehbar, sehr stark an die Pro-Fraktion in der "Waffen für El Salvador" Kampagne der taz, nur gab es diesmal keine Kontrafraktion, dies hätte auch einer Reflektion des Schaverhalts bedurft.

Apropos Reflektion: Die Bild selbst hatte sich einst als Arbeiterblatt tituliert, da sie eine unreflektiere Übertragung von Informationen - Meinung quasi Inbegriffen - übermittelt. Das zynisch gemalte Bild des Proletariats, welches von Seiten der Funktionäre an dieser Stelle gezeichnet wird ist so erschreckend wie zutreffend, auch wenn der genaue Ablauf der Wechselwirkung sicherlich einer genaueren Betrachtung bedürfte. Doch bleiben wir im politischen Tagesgeschehen.

Der Springerverlag schafft seine Zuwendung zu Israel gerade zu einem Zeitpunkt, in welchem, vor allem durch Liebermann, Israel einen starken Rechtsruck erlebt hat. Was die israelische Intellektuelle zutiefst bestürzte scheint ein gelungener Versuch seitens rechtspopulistischer Vereinigungen zu sein. Während sich, nach letzten mir bekannten Zahlen, noch 2/3 der israelischen Bevölkerung der Ansicht hingibt, dass Israel kein jüdischer Staat sei, sondern eben einfach ein säkularer Staat sein sollte, ist die jetzige Grundvoraussetzung von Seiten der israelischen Funktionäre, um einer zwei Staaten Lösung zuzustimmen, dass Israel als jüdischer Staat anerkannt werde - man stelle sich auf der Gegenseite vor, Palästina wollte als islamischer Staat anerkannt werden. Doch zurück in heimische Gefilde.

Die Aktion der Bildzeitung war erneut clever. Durch die Forderungen des Bundesarchivs kann sich der Springerverlag erneut gegen deutsche Institutionen stellen und so die Aufmerksamkeit des unbedarften Lesers genau auf seine nahezu heroische Aufklärungsarbeit gegen den Verklärungswillen seitens Deutschlands lenken. Der Opportunismus dieses Blattes ist dabei umso erschreckender, umso umfangreicher die Einflussnahme auf eine Majorität der Bevölkerung wird. Die Spaßgesellschaft wird vom Unterhaltungsprogramm der Bild bis ins letzte befriedigt, als rennt sie der politischen Meinung der Populisten blind und taub für die Realität hinterher. Die Duldung des Springer Imperiums durch die deutsche intellektuelle Elite bietet dabei ein absurdes Beispiel für ein Leben abseits der Welt.
Der einzige Anschlag, für den sich die RAF offiziell entschuldigte ist übrigens der Einzige, den ich voll und ganz unterstützen kann.

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