Montag, 31. August 2009

Das Phänomen Pro NRW

Während DVU und NPD ersichtlich dem rechtsradikalen Lager zugeordnet werden können schafft die rechtspopulistische Organisation Pro NRW es nach wie vor sich in ein Gewand der Bürgerlichkeit zu kleiden. Grund dafür ist sicherlich die einseitige, aber äußerst effektive, Hetze gegen den Islam. Als Faruk Sen schrieb, die Türken seien die neuen Juden, so löste dies breite Empörung aus, doch hinterfragt man diese Aussage einmal genauer, quasi auf Anwendungsfaktoren bestimmt, so scheint sie doch deutlich realitätsnäher und deutlich weniger hyperbolisch zu sein, als es zuerst den Anschein haben mag.

Theoder W. Adorno, Soziologe und großer Vertreter der kritischen Theorie, sagte bereits Ende der 60er Jahre in einem Fernsehinterview, er habe das Gefühl, dass die Studenten die neuen Juden Europas seien. Adorno selbst ging wohl kaum davon aus, dass in Zukunft eine systematische Deportation und Auslöschung der aktiven Studierendenschaften stattfinden werde, mehr ging es darum, dass die gesellschaftliche Akzeptanz der Repressalien gegen die Aktivisten vorangetrieben wurde und sich eben jene durch ständige Hetze in der Öffentlichkeit (allen voran natürlich die der Bildzeitung, welche die tragende Kraft an dem Anschlag auf Dutschke dargestellt haben dürfte) mit dem unreflektierten Kontra gegen ihre Idee auseinandersetzen mussten und somit aus einer diskursiven Gesellschaft ausgegrenzt wurden.

Das Problem, welches der Islam im westlichen Europa, aber speziell in Deutschland, hat ist in zwischen ein Ähnliches. Die unreflektierte Hetze gegen den Islam "an sich" erreicht dabei eine Legitimität in der Öffentlichkeit, welche ein weiteres Vorgehen gegen Menschen islamischen Glaubens sehr stark vereinfacht. Unter dem Schutzmantel dieses unbedachten Hasses reiht sich die Organisation Pro NRW perfekt ein. Sie nutzt das vorhandene Misstrauen und die sozialen Probleme gewisser Bevölkerungsschichten aus, um eine Athmosphäre der Angst und des Hasses zu bilden.

In einem zweiteiligen Videoclip "Hat Pro Köln doch recht?" erklärt die Organisation, welche eben in Köln ihren Anfang nahm, warum sie eben nicht rechts sei und warum sie eben überhaupt zu existieren habe. Gegen Ende dieser "Dokumentation" verweisen die Macher auf "ungeschminkte Statistiken", welche "junge muslimische Männer" als potentielle Gewalttäter herausstellen. Neben fehlendem Make Up zeigt sich bei diesen Zahlen jedoch auch eine fehlende Kontextualisierung. Betrachtet man Statistiken, so muss man das Umfeld betrachten, in welchem diese erhoben werden. Stellt man fest, dass 2/3 der Delikte von "jungen Männern mit Migrationshintergrund" begangen werden, so muss beachtet sein, dass jene oftmals vom sozialen Leben in der Bevölkerung, wie auch der Teilnahme am Arbeitsmarkt ausgeschlossen werden, - neue Studien belegten, dass Bewerber mit ausländisch klingenden Namen in Deutschland trotz besserer Zeugnisse oftmals zugunsten von Bewerbern mit deutschem Namen, aber schlechterem Zeugnis, abgelehnt werden - was wiederum zu einer höhren Straffälligkeit führt. Ein weiterer Punkt ist das Erscheinen oder eben auch oft angesprochene Bild in Innenstädten. Auch dies kann oftmals dadurch erklärt werden, dass Deutsche Sozialhilfeempfänger ihr Haus nicht verlassen, entsprechend in der Öffentlichkeit nicht gesehen werden können.

Doch genug des Kulturvergleichs. Pro NRW arbeitet mit einem Katalog an Vorturteilen, wie ihn wohl zuletzt die Führung der NSDAP zusammenstellen konnte. Neben der gezielten Diffarmierung von Moslems schafft sie es auch, dass verklärte und angstgetränkte Bild der Bevölerung im Bezug auf "Linke" zu missbrauchen, benutzt gar Nazijargons á la Linksfaschismus und bedient sich dem Bild des uninformierten Randalierers um sich als Verteidiger der Demokratie aufzuschwingen. Pro NRW zeigt sich selbst offen Antifaschistisch und ist damit noch schwerer anzugreifen, als die NPD unter dem Schutz des Wolfang Schäuble - nur muss sie sich selbst finanzieren. Die Absurdität dahinter liegt mit Sicherheit in der gezielten Verfolgung Andersdenkender, doch gibt sich die Partei selbst so bürgerlich, dass man ihnen dies nicht nachweisen kann. Das System Pro NRW dürfte eine neue Bedrohungsdimension für den deutschen Staat, wie auch eine wirklich schwere Aufgabe für den mündigen Bürger darstellen, da Pro NRW es darauf zielt den eben unmündigen Bürger zum mündigen zu machen und seine unreflektierten Ansichten unter dem Recht auf freie Meinungsäußerung zu proklamieren.

Immanuel Kant sagt in seiner Schrift "Was ist Aufklärung?" etwas Interessantes über seine Zeit:
"Wenn denn nun gefragt wird: Leben wir in einem aufgeklärten Zeitalter?, so ist die Antwort: Nein, aber in einem Zeitalter der Aufklärung. [Immanuel Kant, Was ist Aufklärung? "Berlinische Monatsschrift", Dezember 1783]. Die Antwort auf jene Frage müsste heute jedoch anders lauten: Nein, aber in einem Zeitalter der Verklärung!
Am Samstag dem 05.09.2009 findet in Dortmund übrigens wieder eine Aktion gegen Faschismus statt.

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