Montag, 28. September 2009

Der Kommentar zur Wahl

Natürlich darf er nicht fehlen, der Kommentar zur Wahl. Auch ich möchte es mir keinesfalls nehmen einen Beitrag zur Debatte zu leisten, so strittig die Notwendigkeit einer Stellungnahme von meiner Seite auch sein mag.

Bereits in der letzten Ausgabe dürfte meiner Skepsis gegenüber einer Wespenkoalition deutlich geworden sein. Doch bewahrheitete sich bei dieser Wahl nun leider eine alte, demokratische Weisheit: "Nicht wählen hilft immer den Falschen". Zwar ist uns nach wie vor erspart ultrarechte Tendenzen im Bundestag ertragen zu müssen, aber anstatt eines Prestigeschadens durch rechtsradikale Propaganda wird Deutschland in den nächsten vier Jahren einen Schaden an den Elementen seiner Prinzipien nehmen müssen.

Noch immer ist es überhaupt unverständlich, wie ein Homosexueller mit einer Partei koalieren kann, welche Homosexuelle gezielt diffarmiert, wie eine Partei, die sich den Datenschutz auf die Fahne geschrieben hat mit einem Innenminister arbeiten möchte, welcher, neben zahlreichen bereits eingetretenen Beschränkungen, nun durch die Zusammenlegung von Verfassungsschutz und Polizei einen neuen Schritt der gezielten Repressionen gegen aktive Bürger unternimmt. Die einzigen Übereinstimmungen der Christ"demokraten" mit den "Liberalen" liegen augenscheinlich auf dem Gebiet der Wirtschaft. Dort, so bemerkte die NY Times, sind beide augenscheinlich "Pro Buisness".

Das sie bei der Wirtschaft bereits für allgemeines Speichellaufen sorgen bewies der Vorsitzde des Bundes der deutschen Industrie bereits mit dem wohl zynischsten Kommentar des Abends, als er in der ARD anmerkte, dass nur ein merkliches Wachstum die Bevölkerung die künftigen schweren Einschnitte ertragen lassen würde [Wortlaut]. Ein wahrlich perverses Bild, welches bereits wenige Minuten nach der 18 Uhr Prognose dort gezeigt wurde und eine düstere Aussicht in die Wirtschaftspolitik der nächsten Jahre.

Woran der Finanzkapitalismus kollabierte, das muss nun die Realwirtschaft leisten: Wachstum unter allen Umständen. Mag die Opelrettung dazu beigetragen haben oder ist es einfach das stupide Wesen von angehörigen der Wirtschaft, eines steht fest: Die Mitglieder der Industrie haben nicht begriffen, welche Folgen es hat, wenn man Wachstum ohne Rücksicht auf das wirtschaftliche Klima zu schaffen versucht.

Apropos Klima: Durch das rigerose Auftreten der Kanzlerin bei den letzten internationalen Klimaverhandlungen (bzw. Vertretern der Regierung) werden "Kompromisse" sicherlich in der Bevölkerung leichter aufgenommen. Man hat es ja versucht, aber nun müsse man nun eben irgendwie doch Schritt halten. Das eine oder andere AKW wird sicher länger laufen und auch das eine oder andere Kohlekraftwerk dürfte sicher demnächst in Deutschland entstehen - es schafft ja auch Arbeitsplätze.

Dieser Drang zum Wettbewerb zeigt eh eine sehr typische deutsche Eigenschaft. Die Angst vor "Links" oder einer "Revolution" sind so unfassbar fest in der deutschen, vor allen westdeutschen, Volksseele verankert, dass "Wessis", welche die letzte, wirklich spürbare, Unterdrückung im Faschismus erlebt haben lieber eine Mitte-Rechts Bündnis wählen, als den Versuch eines Umsturzes zu wagen. Lieber holt man jemanden ran, der weiß, wie man Eimer aufstellt, als jemanden der weiß, wie man eine Decke anständig isoliert. Entsprechend sehen einige die bürgerliche Politik, welche sich hinter dem Populismus der Linken versteckt, auch als linksextrem an - ein Trauerspiel der politischen Inkompetenz.

Was uns in den nächsten vier Jahren erwarten wird, wird sich zeigen. Vieles wird an der Öffentlichkeit vorbei gehen, vieles wird vor allem demokratische Aktivisten betreffen, vieles Intellektuelle und Kulturelle, einiges sicher auch das Prekariat. Denn was die Bildzeitung nicht erzählt, das weiß der mündige Bürger auch nicht.
Ach übrigens, wie wärs mit einer Petetion für ein weiteres Wahlfeld "Enthaltung". Damit kann man sicher ganz neue Mehrheiten schaffen!

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