Mittwoch, 3. Juni 2009

Frauen, Kinder und Deutsche

Die Welt ist tragisch, sehr tragisch. Da stürzt ein Flugzeug ab - schon an sich nicht schön. Dann waren da Frauen an Bord und sogar Kinder - es wird dramatisch. Da stellt sich heraus, 26 davon waren Deutsche - Ein Volk in Agonie. Doch sollte diese Schreckensnachricht den Höhepunkt der Tragik darstellen? Weit gefehlt! Zwei der Verstorbenen waren wichtige Vorstandsmitglieder von Thyssen-Krupp!

Volker Pispers sagte einst, wie so oft, einen wunderbaren Satz: "Ich warte auf den Bericht, in dem es heiß: 30 Tote, aber zum Glück nur Männer."

Nun, das Thema ist zugegebenermaßen alt, durchgekaut, aufgekocht, in den Kreislauf der Fastfood Konzerne geraten und endgültig wieder ausgespien worden. Doch wie heißt es so schön: "Es wurde Alles gesagt, aber nicht von Jedem."

Wir sind uns, ich sage einfach mal so spontan wir, einig, dass jeder Mensch doch irgendwie äquivalent ist. Wir sind nicht gleich, aber gleichberechtigt oder welcher andere Spruch Einem grade einfallen mag, die Zahl der Wortklauberein für die Weltverbesserer und Schreibtischrevoluzzer da Draussen scheint auch in diesem Falle unendlich - grundsätzlich sind wir uns aber einig. Woher also diese Berichterstattung?

Ich stelle mir die Frage, ob das Nationalgefühl so groß ist, dass man in einem spontanen Empathieschub in tiefes Mitgefühl gerät, wenn ein Deutscher stirbt, oder gar eine deutsche Frau, oder ein deutsches Kind. Nun, allen Ernstes, mir ist das alles relativ egal. Ob die Leiche auf Platz 47b nun Karl Postal aus Hamburg, Jacqueline Curie aus Lyon oder Manûel Savez, 8-jähriger Sohn von Claudio Savez, aus Sao Paolo war, es geht mir alles emotional gleich nah.

Ein kurzer Rückblick auf den Ursprung der Berichterstattung, historisch schwammig und mehr auf Vermutungen gebaut. Früher, in den glorreichen alten Tagen, zogen die Männer in den Krieg und verteidigten, mal auf eigenen, mal auf fremden Feldern, Haus und Hof, Frau und Kinder. Doch diese Zeiten sind nun lange vorbei, die Frau als das Schützenswerte, zumindest wenn damit Ehre zu gewinnen war, im patriachalischen System, das ist lange überholt. Fragen Sie bzw. Du doch einmal die Gefangenen in Guantanamo, wie Diese die Brutalität von weiblichen GI's einschätzen.

Woher also diese Aufopferung, diese Aufopferungsnatürlichkeit, des männlichen Geschlechts? Ist es unser Schicksal frühzeitig zu sterben? Ist es so natürlich, dass es nicht weiter berichtenswert ist? Sind Soldatinnen eigentlich keine Frauen mehr? Ich las zumindest noch keine Nachrichtennotiz die besagte: "An der südlichen Grenze des Irak starben bei Straßenschlachten 17 Aufständische und 6 Soldaten, darunter zwei Frauen." Ist es die Aufgabe des Soldaten, seine Bestimmung in seiner Funktion selbst, welche sich über das Geschlecht hinwegsetzt, welche ihn dazu bestimmt, zu sterben? Für das höhere Ziel natürlich.

Und dann die beiden Stahlingenieure, ja, das war ein Drama. Da dachte man, nur unwichtiges Volk wäre an Bord, aber nein, Vorstandsmitglieder von Thyssen-Krupp waren auch darunter. Thyssen-Krupp? Da war doch was! Natürlich, niemals soll man in der Vergangenheit allzu weit stochern, aber wem liegt eigentlich nicht immer die Vergleichskette von Propagandaminister Dr. Goebbles im Ohr, wenn er den Namen Krupp hört. "Schnell wie Windhunde, zäh wie Leder, hart wie Kruppstahl." Ja, genau dieses Unternehmen, benannt nach der Familie, welche Millionen an dem Tod von Millionen Menschen verdiente.

Sicherlich haben besagte zwei Ingenieure mit der Tradition des einen Unternehmensstranges nichts mehr zu tun, doch stellt sich die Frage, was sie so viel wichtiger macht. Doch genug der Aggression. Das Thema hat sich bereits wieder gewandelt, die Homepages der Seiten sind aktualisiert, die Frankfurter Rundschau setzt sich mit den ausbleibenden Staatshilfen für den bankrotten Arcandor Konzern auseinander, währen die FAZ und die Süddeutsche Zeitung ein nicht allzu ungefiedertes Hühnchen mit Frau Koch-Mehrin rupfen werden.
Die Bildzeitung sucht übrigens noch Einzelschicksale, vielleicht vermisst der kleine Pascal ja jetzt schon seinen Stuttgarter Spielkameraden.

1 Kommentar:

  1. Jetzt lass doch die Silvana in Ruhe, die muss doch am Rugby-Feld stehen und endlich mal die Regeln lernen *grins*

    Was die Krupp-Pappnasen angeht - nunja, du sagst doch selbst: Man benötigt halt Einzelschicksale - und über diese beiden Herren kann man wenigstens irgendwas herunterleiern, um die 5 bis 10 Minuten Bericht-Zerreissung voll zu kriegen. (Hey, sind das nicht "Die Krupps" ? Haha ..).
    Um es mal philosophisch mit Russell zu sagen: Du kannst diese beiden halt näher definieren, dadurch dass du sagst "Er, der Mitglied des Krupp-Vorstandes ist". "Er, der in der August-ist-doof-Straße 73b wohnt" ist dagegen vielleicht nicht so brauchbar, wenn du deinen Karl Postal aus Hamburg beschreiben willst. Wenn morgen bekannt würde, dass irgendjemand aus den Medien unter den Toten ist, würde nach den Konzern-Fritzen auch kein Hahn mehr krähen.

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